Erneut lassen zwei Urteile des BGH die Kunden von Banken und Sparkassen aufhorchen:

Zum einen sind erneut die Prämiensparverträge betroffen, die die Finanzinstitute vor allem in der Zeit zwischen 1990 und 2010 massenweise angeboten haben und die nach einer Entscheidung des BGH vom 14.05.2019 (Az.: XI ZR 345/18), soweit sie noch bestanden haben, überwiegend von den Sparkassen zum 31.12.2019 gekündigt worden sind. Viele Sparer haben sich gegen diese Kündigungen zur Wehr gesetzt. In diesen Sparverträgen war u. a. aber auch häufig eine sogenannte variable Zinsklausel enthalten (z. B.: „Die Spareinlage wird variabel, zur Zeit mit … % p.a. verzinst.“). Auf Grund dieser Klausel senkten die Geldhäuser gerade bei den langfristigen Verträgen in der Niedrigzinsphase die Zinsen wiederholt und zum Teil massiv. Die Unwirksamkeit dieser Zinsberechnungsklauseln ist bereits in früheren Entscheidungen des BGH festgestellt worden. Streitig war aber, nach welchem Modus, in der Fachsprache Referenzzinssatz, und in welchen zeitlichen Abständen eine Zinsanpassung wirksam vorgenommen werden konnte.

Mit dem Urteil vom 06.10.2021 (Az.: XI ZR 234/20) hat der BGH nun in einem Musterfeststellungsurteil gegen die Sparkasse Leipzig zu Gunsten der Sparer entschieden, dass es sich bei den Prämiensparverträgen um langfristige Spareinlagen handelt und daher auch als Referenzzinssatz ein Zinssatz für langfristige Anlagen verwendet werden müsse. Darüber hinaus hat er auch klargestellt, dass nur mit einem relativen Abstand zum Referenzzins die Sparkasse die variablen Zinsen verändern darf.

Änderungen nach Gutsherrenart unzulässig

Die Sparkassen hatten dagegen in einer Vielzahl von Verfahren die Ansicht vertreten, dass es sich um kurzfristige Spareinlagen handelt und ein absoluter Abstand zum Referenzzins eingehalten werden muss, was u. a. dazu führte, dass sie einen entsprechenden Referenzzinssatz bei von ihr selbst durchgeführten Nachberechnungen verwendete. Mit der Folge, dass den Verbrauchern teilweise mitgeteilt wurde, sie hätten sogar zu viel Zinsen erhalten.

Dem hat der BGH nun eine deutliche Absage erteilt und betont, dass „Änderungen nach Gutsherrenart im Schalterraum“ unzulässig seien. Allerdings legte der BGH nicht selbst fest, welcher Referenzzins anzuwenden sei, sondern verwies den Rechtsstreit insoweit zurück an die Vorinstanz, in diesem Fall an das OLG Dresden.

BaFin hat bereits eingegriffen

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bereits in ungewöhnlich scharfer Weise in den Streit eingegriffen und am 21.06.2021 eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, dass die betroffenen Geldinstitute die Sparer über unwirksame Zinsanpassungsklauseln informieren ihnen erklären müssten, ob diese durch die verwendeten Zinsanpassungsklauseln zu geringe Zinsen erhalten haben.

Auch wenn die Prämiensparverträge inzwischen gekündigt und aufgelöst worden sind, besteht in bestimmten Fällen noch die Möglichkeit, Ansprüche auf Zinszahlungen geltend zu machen und durchzusetzen.

Eine zweite Entscheidung des BGH vom 27.04.2021 (Az.: XI ZR 26/20) betrifft die ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden vorgenommenen Gebührenerhöhungen, die von einer Vielzahl von Banken und Sparkassen auf Grund ihrer AGB-Bedingungen vorgenommen worden sind. Diese Vorgehensweise hat der BGH als unwirksam angesehen, weshalb in einer Vielzahl von Fällen derzeit die Kunden der Banken und Sparkassen angeschrieben und um Zustimmung zu ihren AGB gebeten werden.

Da die Banken und Sparkassen nach unserer Auffassung und auch nach Auffassung der Verbraucherschutzverbände völlig unzureichend bereit sind, zu Unrecht erhobene Gebühren und Zinsen zu erstatten und in diesen Fällen mit Ablauf dieses Jahres die Verjährung droht, sollten sich Betroffene anwaltlich beraten lassen.

 

Eva Grabolus / Rechtsanwältin