Interview mit Medizinrecht-Fachanwalt Dr. Wolfgang Hacker
Irren ist menschlich. Jeder und Jede machen Fehler. In vielen Berufen können Fehler leicht korrigiert werden, sind mit Geld, Zeit oder einer Entschuldigung zu reparieren. Wenn allerdings bei einer Operation, einer Behandlung, einer Medikamentierung Fehler gemacht werden, können diese schlimme Folgen haben. Können diese wiedergutgemacht werden? Der COBURGER hat sich über das Patientenrechtegesetz mit Dr. Wolfgang Hacker von der Rechtsanwaltskanzlei Hörnlein & Feyler unterhalten.
COBURGER: Gibt es denn einen Grundsatz in Sachen Behandlungsfehler?
Dr. Wolfgang Hacker: Also zunächst mal betrifft eine Behandlung alle Phasen: Von der Anamnese über die Diagnose bis hin zu Therapie und Nachsorge. Überall kann es zu Fehlern kommen – das passiert in der Realität leider gar nicht so selten. Aber klar sein muss auch: kein Eingriff ist ohne Risiko. Man erklärt sich vor einem Eingriff einverstanden damit, dass einem die Risiken bewusst sind. Zuvor muss ich aber aufgeklärt werden. Das erfolgt üblicherweise mündlich und muss Schritt für Schritt in verständlicher Sprache in einer Besprechung mit dem Arzt gemacht werden. Und grundsätzlich ist es rechtlich so, dass ein Behandler, z.B. ein Arzt, keinen Erfolg schuldet. Er muss aber eine Behandlung nach Facharztstandard durchführen. Kurz gesagt: Die Tatsache, dass es einem Patienten nach einer Behandlung, einer Operation oder mit einem Medikament schlechter geht als vorher, begründet für sich genommen noch keine Haftung.
Patientenrechtegesetz regelt: Beweispflicht liegt bei Patienten
COBURGER: Wann kann denn ein Patient auf Schadensersatz klagen?
Dr. Wolfgang Hacker: Er muss beweisen, dass erstens ein Fehler passiert ist, zweitens, dass ein Schaden entstanden ist, und drittens, dass zwischen Beidem ein Zusammenhang besteht. Die Beweispflicht liegt dabei grundsätzlich beim beim Patienten. Wenn z.B. nach einer OP das künstliche Hüftgelenk Beschwerden und Schmerzen bereitet, muss der Patient beweisen, dass das Vorgehen des Arztes fehlerhaft war, z.B. weil eine unpassende Prothese eingesetzt wurde oder bei der OP falsch vorgegangen wurde. Nur bei der Frage, ob der Patient vor einem Eingriff richtig und umfassend genug über die Risiken aufgeklärt wurde, muss der Arzt den Nachweis erbringen.
COBURGER: Betrifft das alles eigentlich nur Ärzte?
Dr. Wolfgang Hacker: Nein, das Patientenrechtegesetz verpflichtet grundsätzlich alle Behandler, so z.B. auch Physiotherapeuten oder Heilpraktiker. Auch sie schulden eine standardgerechte Behandlung und müssen daher ggf. über Risiken der jeweiligen Behandlung oder über den schulmedizinischen Standard informieren, wenn es einen solchen gibt. Zahnärzte etwa müssen darüber informieren, dass bei der Injektion mit einer Spritze das Risiko einer Nervverletzung besteht. Nur bei allgemein bekannten Risiken wie beim Röntgen oder wenn ich mich zum wiederholten Mal einer Behandlung unterziehe, muss nicht nochmal extra aufgeklärt werden.
COBURGER: Wenn geklagt wird, wie ist dann die Erfolgsaussicht?
Dr. Wolfgang Hacker: Das ist eine schwierige Frage. Verlässliche Statistiken gibt es hierzu nicht. Jeder Sachverhalt liegt anders. Dabei spielt auch eine Rolle, dass vor Gericht der Grundsatz gilt, dass einer schriftlichen Dokumentation der Ärzte zu glauben ist. Oftmals liegen aber diese Dokumentationen und die Erinnerung der Patienten an die Behandlung weit auseinander. Das sind dann sehr schwierige Fälle. Wir empfehlen daher Patienten, ein Gedächtnisprotokoll über die Behandlung zu verfassen oder jemandem davon zu erzählen. Wir stellen außerdem nicht selten fest, dass es vielen geschädigten Patienten einfach nur um eine Entschuldigung geht, ein persönliches Gespräch, eine Aussprache. Das würde schon einen Teil eines eventuellen Leids lindern und vielleicht auch den ein oder anderen Rechtsstreit vermeiden oder verkürzen.
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