Wie Bauherren und Bauunternehmen böse Überraschungen vermeiden
Ob Bauen, Renovieren oder Sanieren: Das eigene Haus, die eigene Wohnung wird immer teurer. Lieferwege sind versperrt, Rohstoffe knapp, die Inflation galoppiert. So kann der Traum vom eigenen Haus schnell zur Kostenfalle werden, die Renovierung der Wohnung zum finanziellen Fiasko, die Sanierung zum Fall für den Insolvenzverwalter. Das gilt nicht nur für den Bauherren, sondern auch für den Bauunternehmer. Was also kann man tun, um die Kosten im Griff zu haben? Der COBURGER hat sich dazu mit Heidi Schüler unterhalten. Sie ist Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht bei der Kanzlei Hörnlein & Feyler.
COBURGER: Wer trägt denn normalerweise die Mehrkosten, wenn im Laufe eines Bauvorhabens das Material teurer wird und damit der ganze Bau oder die komplette Sanierung?
Heidi Schüler: Wenn ein Vertrag geschlossen worden ist über den Bau eines Hauses oder die Durchführung von Einzelgewerken, dann sind da in der Regel Einheitspreise drin. Das heißt, das Risiko von Preissteigerungen trägt immer der Bauunternehmer. Manche Unternehmer versuchen zwar Preissteigerungen weiter zu berechnen. Das ist aber nicht rechtmäßig.
Absichtlicher Bauverzug als Kostenfalle
Die einzige Möglichkeit für einen Unternehmer, aus einem bestehenden Vertrag herauszukommen, ist der Nachweis einer sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage, wenn also die Preissteigerung den gesamten Gewinn aufbraucht und er darüber hinaus draufzahlen müsste. Das führt so weit, dass es jetzt auch schon Fälle gibt, da begeben sich Bauunternehmen mutwillig in Bauverzug, um den Bauherren zur Kündigung zu zwingen. Er macht sich dadurch aber auch schadensersatzpflichtig.
COBURGER: Können sich beide Seiten nicht auf Klauseln einigen, die eventuelle Preissteigerungen von Materialien berücksichtigen?
Heidi Schüler: Grundsätzlich ja, das sind dann sogenannte Preisgleitklauseln. Steht eine solche aber in einem vorformulierten Vertrag mit einem Verbraucher, ist sie in der Regel unwirksam, da sie den Verbraucher unangemessen benachteiligt. Wichtig ist also: Wenn es eine wirksame Klausel sein soll, muss diese individuell vereinbart werden. Und sollte sie zum Tragen kommen – also der Unternehmer möchte mehr berechnen, weil die Einkaufspreise nach Vertragsabschluss gestiegen sind – muss er dafür auch den Nachweis erbringen. Er muss also seinen kalkulierten und seinen tatsächlichen Einkaufspreis offen legen.
COBURGER: Was ist, wenn ein Bauunternehmer durch die vielen aktuellen Belastungen insolvent wird, das Haus, die Sanierung aber noch nicht fertiggestellt ist?
Heidi Schüler: Da ist man als Kunde natürlich gut beraten, wenn man keine allzu hohen Abschlagszahlungen geleistet hat. Gesetzlich ist die Regelung so, dass ein Unternehmen dann Abschlagszahlungen berechnen kann, wenn sich der Wert des Hauses oder der Wohnung durch die Baumaßnahmen schon erhöht hat. Eine reine Planung z.B. ist noch keine Wertsteigerung.
COBURGER: Was empfehlen Sie aktuell beiden Seiten, um eine Baumaßnahme gut über die Bühne zu bringen?
Heidi Schüler: Es gibt ja ein ungeschriebenes Kooperationsgebot: Während der Bauphase sollen die Parteien miteinander kooperieren, sich bei Problemen die Argumente des anderen anhören und versuchen, sich zur Erreichung eines reibungslosen Bauablaufes zu einigen. Miteinander reden ist immer der beste Weg.