Betreuungsrecht: Würde & Selbstbestimmung

Neues Betreuungsrecht seit Anfang 2023

Schnell ist es passiert. Eine Krankheit oder ein Unfall machen einen Menschen hilflos. Er ist auf fremde Hilfe angewiesen. Er benötigt jemanden, der ihn betreut. Betreuungsrechte sind dann von fundamentaler Bedeutung. Sie sichern die Rechte dieser Menschen auf Würde, Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Das neue Betreuungsrecht trägt den Vorgaben von Art. 12 der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung. Welche Betreuungsrechte seit Anfang des Jahres gelten, darüber hat sich der COBURGER mit Karoline Rink unterhalten. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht bei Hörnlein & Feyler Fachanwäte in Coburg.

COBURGER: Was ist denn grundlegend neu seit Anfang des Jahres?

Karoline Rink: Es gibt jetzt endlich ein Notvertretungsrecht für Ehegatten in gesundheitlichen Angelegenheiten. Wenn ein Partner bewusstlos ist oder schwer krank wird, kann der Ehegatte in ärztliche Eingriffe einwilligen und Behandlungsverträge abschließen. Sollte allerdings eine Vorsorgevollmacht vorliegen, so ist diese vorrangig. Wer eine Vorsorgevollmacht hat, für den gibt es im Fall des Falles keinen gerichtlich bestellten Betreuer. Man legt hingegen selbst fest, wer die Betreuung übernehmen soll und auch in welchem Umfang.

Betreungsrecht sieht Mitentscheidung Bedürftiger vor

Wenn man diese Vorsorgevollmacht nicht hat, dann wird ein Betreuer gesetzt, welcher vom Gericht bestellt wird. Aber neu ist seit 2023, dass die betreuungsbedürfte Person mitentscheiden darf, wer das werden soll oder wer nicht – auch ohne Vorsorgevollmacht. Damit sollen die Rechte der hilfsbedürftigen Person gestärkt werden. Und grundsätzlich wird eine Betreuung nur noch angeordnet, wenn sie denn wirklich erforderlich ist. Das ist sie zum Beispiel nicht, wenn ausreichend Hilfen durch Familienangehörige, Bekannte oder soziale Dienste verfügbar sind.

COBURGER: Wie ist denn das mit den eigenen vier Wänden, in denen der Betreute lebt?

Karoline Rink: Neu ist, dass der Betreute, wenn er im eigengenutzten Haus oder der Wohnung lebt, erst nach seinem Willen gefragt werden muss, wenn der selbst genutzte Wohnraum aufgegeben werden soll. Dann muss dies dem Betreuungsgericht unter Mitteilung der Sichtweise des Betreuten angezeigt werden. Gegebenenfalls bedarf es dann einer gerichtlichen Genehmigung. Für eine Veräußerung bedarf es ohnehin der gerichtlichen Genehmigung.

COBURGER: Welche Regelungen sind denn noch neu, damit der Betreute so selbstbestimmt wie möglich leben kann?

Karoline Rink: Seit diesem Jahr sind auch die Betreuungsbehörden mehr mit im Boot bei der Betreuung. Sie haben einen erweiterten Unterstützungsauftrag. Ziel ist es, dass der Betreute möglichst selbstbestimmt leben kann. Bis 1992 wurden Betreute noch entmündigt. Insbesondere auf die Betreuerqualität wird seit Anfang dieses Jahres mehr geachtet. Ab sofort muss sich ein Betreuer bei der Betreuungsbehörde registrieren lassen. Dort muss man die persönliche Eignung, Zuverlässigkeit und Sachkunde vorweisen. Und eine Berufshaftpflicht muss er natürlich auch besitzen.