Rechtsanwalt Lutz Linder von Hörnlein & Feyler Fachanwälte im Interview mit dem COBURGER
Was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein. Was letztes Jahr noch nicht möglich, ist in diesem erlaubt, was bisher nicht geregelt, heute Gesetz: Nicht zuletzt die Corona- Pandemie zeigt, wie schnell sich die Welt verändert, wie schnell neue Regeln notwendig sind, um Neues zu regeln. Nicht zuletzt der Rechtsstaat war und ist in diesen Zeiten gefordert, die Grundlage für Ordnung und Sicherheit zu schaffen. So hat sich auch die Arbeitswelt in den letzten beiden Jahren stark verändert. Rechtliche Informationen dazu von Lutz Lindner, Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Anwaltskanzlei Hörnlein & Feyler.
COBURGER: Herr Lindner, Corona hat viele Unternehmen und ihre Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb kurzer Zeit vor neue Herausforderungen gestellt. Aber gab es nicht eigentlich vorher schon passende Regelungen wie die Telearbeit?
Lutz Lindner: Ja, Telearbeit war schon vorher gesetzlich geregelt in der Arbeitsstättenverordnung. Telearbeit bedeutet allerdings, dass sich beim Arbeitnehmer zuhause ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Arbeitsplatz befindet, ein sogenannter „festeingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten.“ Also so etwas wie ein dauerhaft ausgelagerter Arbeitsplatz. Für die durch die Corona Maßnahmen in kürzester Zeit millionenweise vorübergehend notwendigen Homeoffice-Arbeitsplätze gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht. Das Infektionsschutzgesetz regelt nun die Home-Office-Tätigkeit.
COBURGER: Und was sieht diese jetzt vor?
Lutz Lindner: Der Arbeitgeber ist jetzt verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten die Arbeit zu Hause zu ermöglichen, außer es stehen dringende betriebliche Erfordernisse entgegen. Diese Regelung ist aber aktuell bis 19.03.2022 befristet, da die besondere Situation der Pandemie so eine Regelung notwendig gemacht hat. Beschäftigte müssen das Angebot annehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Dies können zum Beispiel mangelnde räumliche oder technische Gegebenheiten in der Wohnung des Beschäftigten sein.
Wandel in Arbeitswelt: Neue Voraussetzungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer für das Home Office wie im betrieblichen Büro das Mobiliar und sonstige Arbeitsmittel bereitstellen, die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendig sind. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können aber vereinbaren, dass der Arbeitnehmer mit seinen eigenen Büromitteln, in der Regel dem eigenen PC und Telefon-/Internetanschluss, arbeitet. Das gilt natürlich entsprechend auch für das sogenannte mobile Arbeiten, wenn also ein Arbeitnehmer gar nicht an einen Ort gebunden ist, um seine Arbeit zu erbringen. Bei Unternehmen mit Betriebsräten unterliegen die Regelungen zu Homeoffice der Mitbestimmung.
COBURGER: Corona hat viele Menschen auch zum Nachdenken gebracht, über Job, Familie, ihre Lebensziele. Ein Sabbatical, also eine Auszeit, ist dafür eine hervorragende Möglichkeit. Gibt es dafür Regelungen?
Lutz Lindner: Ein Sabbatical ist ja so etwas wie ein langer unbezahlter Urlaub, ein Ausstieg auf Zeit. Da gibt es gesetzlich erst einmal keinen Rechtsanspruch drauf. In der Privatwirtschaft muss ein Sabbatical also individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder aber in Betrieben mit Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Im öffentlichen Dienst ist die Einrichtung eines Langzeitkontos im Tarifvertrag geregelt.
COBURGER: Und wenn jemand weniger arbeiten möchte, oder nur noch an gewissen Tagen, also seinen Vertrag ändern, an neue Lebenssituationen anpassen möchte, was sagt das Gesetz für solche Fälle?
Lutz Lindner: Ab 15 Mitarbeitenden in einem Betrieb gibt es einen Anspruch auf dauerhafte, ab einer Anzahl von 45 Mitarbeitern einen Anspruch auf befristete Verringerung der Arbeitszeit, außer es stehen dringende betriebliche Erfordernisse entgegen. Und es gibt natürlich die Möglichkeit der Altersteilzeit, also in der letzten Phase des Arbeitslebens, in den letzten Jahren weniger arbeiten, entweder über die gesamte Dauer verteilt die Arbeitszeit um die Hälfte zu reduzieren oder im Block während der Arbeitsphase bei reduzierteren Gehalt in Vollzeit zu arbeiten und in der Freistellungsphase unter Fortzahlung des angepassten Gehalts zu Hause zu bleiben.