Wann gibt es Schmerzensgeld?

Bei einer Schramme im Auto ist der Schaden leicht zu bestimmen – bei einer Schramme im Gesicht fällt das schwerer. Das Schmerzensgeld soll solche immatriellen Schäden ausgleichen. Aber wonach richtet es sich eigentlich?

Mehr als fünf Jahre musste die Olympiasiegerin Kristina Vogel warten: Jüngst hat ihr das Landgericht Erfurt 100.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Die Bahnradsportlerin war im Mai 2009 bei einem Unfall schwer verletzt worden. Auf einer Trainingsfahrt kollidierte sie mit einem Zivilfahrzeug der Thüringer Polizei, das ihr die Vorfahrt genommen hatte. Die Folge: Die Sportlerin verlor mehrere Zähne. Brustwirbel und Handwurzelknochen waren gebrochen. Zudem erlitt sie Schnittverletzungen im Gesicht. Nach einem langen Prozess muss das Land Thüringen als Halter des Fahrzeuges nun zahlen.

Wie kann man Leid durch Geld aufwiegen? Diese schwierige Frage steht bei Schmerzensgeld-Prozessen immer wieder im Mittelpunkt. Denn anders als bei einem Kratzer in der Autotür oder einer kaputten Waschmaschine lässt sich der subjektiv empfundene Schaden nicht genau beziffern – der normale Schadensersatz kommt hier also nicht in Frage.

Was soll Schmerzensgeld ausgleichen?

Doch das Gesetz sieht auch für sogenannte immaterielle Schäden einen Ausgleich vor, und zwar bei „Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung“. Das bedeutet, dass eine Klage auf Schmerzensgeld keineswegs nur bei körperlichen Verletzungen in Frage kommt. Auch andere „Lebensbeeinträchtigungen“ psychischer Natur können ein Schmerzensgeld rechtfertigen. So erstritt ein Arbeitnehmer beispielsweise 3.500 Euro, weil er von seinem Arbeitgeber mit einer Videokamera überwacht wurde. In einem anderen Fall erhielt ein Mann Schmerzensgeld, weil ihm mit Verweis auf seine Hautfarbe der Zutritt zu einer Diskothek verweigert worden war.

Wie bemisst sich die Höhe des Schmerzensgeldes?

In Deutschland gibt es kein klares Berechnungsmodell zur Festsetzung des Schmerzensgeldes – es muss immer vom Gericht individuell festgelegt werden. Die Grundlage dabei bilden sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Dabei handelt es sich um Sammlungen von Urteilen zum Schmerzensgeld, die nach Körperteilen oder Verletzungen geordnet sind. Hat man beispielsweise einen Armbruch erlitten, kann man hier nachschauen, wie viel Schmerzensgeld die Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochen haben. Allerdings lässt sich fast nie ein Fall Eins zu Eins übertragen. Neben dem Ausmaß der Verletzungen und Lebensbeeinträchtigungen spielen bei der Höhe des Schmerzensgeldes zum Beispiel auch die Vermögensverhältnisse der Beteiligten und der Grad des Verschuldens eine Rolle.

Nicht jede Schmerzensgeldklage hat Erfolg. Immer wieder bestätigen Gerichtsentscheidungen, dass gewisse alltägliche Lebensrisiken einfach zu akzeptieren sind. So scheiterte beispielsweise die Schmerzensgeldklage von Angehörigen einer älteren Dame, die bei einem Saunabesuch einen Schwächeanfall erlitten hatte und in der Folge verstorben war. Auch ein misslungener Haarschnitt alleine rechtfertig keine Ausgleichszahlung. Wer mit Hilfe eines Anwalts oder einer Anwältin selbst Schmerzensgeld einklagen will, sollte den entstandenen Schaden in jedem Fall rechtzeitig dokumentieren, zum Beispiel bei gesundheitlichen Schäden durch ein ärztliches Attest.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft