Recht­liche Betreuung: Das sagt der Gesetz­geber

Früher gab es Entmündigungen. Heutzutage aber haben Menschen, die etwa an Demenz leiden oder geistig behindert sind, manchmal einen recht­lichen Betreuer an ihrer Seite. Was das für die Betrof­fenen bedeutet und welche Regeln bei der Betreuung gelten, erklären wir hier.

1. Was ist recht­liche Betreuung?

Viele Menschen setzen den Begriff rechtliche Betreuung mit Entmündigung gleich, obwohl es Entmündigungen nach deutschem Recht schon lange nicht mehr gibt. Bereits 1992 schaffte der Gesetzgeber die Entmündigung sowie die „Vormundschaft für Volljährige“ und die „Gebrechlichkeitspflegschaft“ ab und ersetzte sie durch ein modernes Betreuungsrecht und die rechtliche Betreuung, also die juristische Vertretung eines Menschen.

2. Wer kann rechtlich betreut werden?

Aktuell haben über eine Million Menschen einen recht­lichen Betreuer an ihrer Seite, darunter vor allem geistig Behin­derte und alte, an Demenz leidende Senioren. Betreut werden können Erwachsene, die zu krank oder zu verwirrt sind, um bestimmte Bereiche ihres Lebens selbst zu handhaben. Wenn sie sich etwa nicht mehr um ihre Gesundheit kümmern können oder ihre Geldan­ge­le­gen­heiten nicht mehr überblicken, brauchen sie jemanden, der sie in diesen Bereichen vertritt.

3. Warum ist eine recht­liche Vertretung wichtig?

Eltern dürfen über die Belange ihrer Kinder bestimmen, sie sind ihre rechtlichen Vertreter. Aber dass Menschen so umfassend über andere entscheiden dürfen, ist eine Ausnahme, die mit dem 18. Geburtstag endet. Ein Erwachsener vertritt sich selbst, andere können das nicht so ohne weiteres für ihn übernehmen. Selbst Ehepartner und andere Verwandte eines Menschen, der krank geworden ist, können ihn nicht automatisch rechtlich vertreten. Allerdings plant Bundesjustizminister Heiko Maas beim Thema Vertretung Erwachsener durch Ehegatten Änderungen im Betreuungsrecht.

Ehegatten sollen sich künftig automa­tisch in Gesund­heits­an­ge­le­gen­heiten vertreten können, ohne sich durch ein Gericht als Betreuer einsetzen lassen zu müssen. Das würde in den Fällen gelten, in denen der Partner schwer verunglückt oder psychisch erkrankt. Das sieht eine Vorlage vor, die Bundes­jus­tiz­mi­nister Heiko Maas (SPD) 2018 in der Kabinetts­sitzung der Bundes­re­gierung vorge­stellt hat.

Demnach sollen Verhei­ratete künftig berechtigt sein, für ihren Partner Entschei­dungen über Unter­su­chungen, Behand­lungen und Opera­tionen zu treffen, „wenn der andere Ehegatte aufgrund einer psychi­schen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seeli­schen Behin­derung diese Angele­gen­heiten nicht besorgen kann“. Bislang ist dafür eine schrift­liche Vollmacht oder eine Betreuung erfor­derlich. Die geplante Neuregelung soll dem Bericht zufolge auch für eingetragene Lebenspartner gelten.

4. Wer kann Betreuer werden?

Vertreten kann ein Erwach­sener einen anderen nur dann, wenn zum Beispiel ein  Betreu­ungs­ge­richt ihn zum Betreuer bestimmt. Diese Aufgabe können Ehepartner oder andere Famili­en­mit­glieder übernehmen, aber auch Rechtsanwälte, Betreu­ungs­vereine oder Berufs­be­treuer kommen dafür in Frage.

5. Bleiben Betreute geschäftsfähig?

Menschen, die ihr Leben teils nicht mehr selbstständig führen können, aber noch in der Lage sind, mitzuentscheiden, bekommen einen Betreuer für die „problematischen“ Bereiche. Dabei bleiben die Menschen in der Regel geschäftsfähig und können zum Beispiel Verträge abschließen, heiraten oder Testamente aufsetzen. Aber auch Betreuungen für alle Aufgabenbereiche werden angeordnet, wenn jemand so krank ist, dass er keinen Bereich seines Lebens mehr selbst organisieren kann. Der Mensch ist dann unter Umständen zwar noch geschäftsfähig, tatsächlich verwaltet dann aber der Betreuer sämtliche Lebensbereiche.

6. Wann greifen recht­liche Betreu­ungen?

Eine rechtliche Betreuung muss gut begründet sein. Sie ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn jemand zum Bespiel seinen Haushalt nicht mehr alleine führen kann oder sich weigert, sich von einem Arzt behandeln zu lassen. Sich zu weigern hat erst einmal keinen Krankheitswert. Anders sieht es aber aus, wenn renitentes Verhalten etwa Folge einer Demenz ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt in Paragraph 1896 die Kriterien, die rechtliche Betreuungen legitimieren: geistige oder psychische Behinderungen oder psychische Krankheiten, zu denen neben Demenz zum Beispiel auch Neurosen oder Schizophrenie gehören.

7. Wo stellt man einen Antrag auf Betreuung?

Eine Betreuung beantragen manchmal die Betrof­fenen, manchmal wendet sich aber auch ihre Familie an die Betreu­ungs­ge­richte und stellt dort einen Antrag. Betreu­ungs­ge­richte gehören zu den örtlichen Amtsge­richten, sie sind Dreh- und Angel­punkt im Betreu­ungs­ver­fahren. Dieses beginnt, sobald ein Antrag bei dem Betreu­ungs­ge­richt eingeht. In dem Verfahren bestimmen die dort tätigen Richter etwa, wer recht­licher Betreuer wird und wie lange die Betreuung dauern soll. Über besondere Sachbe­ar­beiter, die Rechts­pfleger, kontrol­lieren die Richter, wie gut die recht­lichen Betreuer ihre Arbeit machen.

Die Kosten für die recht­liche Betreuung zahlt übrigens der Betreute selbst. Nur wenn er das Geld dafür nicht aufbringen kann, übernimmt die Staats­kasse die Kosten.

8. Betreu­ungsverfügung und Vorsor­ge­voll­macht

Wer ihr Betreuer sein soll, können die Betreuten mitbestimmen, wenn sie geistig und körperlich dazu noch in der Lage sind. Ist das nicht der Fall, hilft eine Betreuungsverfügung nach § 1901c des Bürgerlichen Gesetzbuches. Darin legen Menschen in gesunden Zeiten fest, wen sie sich als Betreuer wünschen. Außerdem kann man festlegen, wie die Betreuung ausgeübt werden soll. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bietet etwa Formulare für Betreuungsverfügungen an.

Betreuungsverfügungen unterscheiden sich von Vorsorgevollmachten. Vorsorgevollmachten sind weiter verbreitet als Betreuungsverfügungen, denn sie haben eine gern gesehene Folge: Liegt eine wirksame Vorsorgevollmacht vor, braucht der Betroffene grundsätzlich keine rechtliche Betreuung.

9. Wie sehen die Aufgaben der Betreuer aus?

Betreuer übernehmen meist bestimmte „Aufgabenkreise“, wie es im Betreuungsrecht heißt, und vertreten den Betreuten in diesen Belangen. So dürfen sie zum Beispiel Vermögen verwalten, die Gesundheitsfürsorge übernehmen oder entscheiden, wo der Betreute künftig leben soll, in einem Pflegeheim etwa. Bei seiner Arbeit muss der Betreuer den Betreuten konsultieren, wenn er noch mitentscheiden kann. Ist das nicht mehr möglich, entscheidet der Betreuer etwa über die gesundheitlichen Fragen. Berücksichtigen muss er dabei aber immer den Willen, den der Betreute vielleicht in einer Patientenverfügung festgelegt hat. Rechtliche Betreuer haften, wenn sie ihre Pflichten gegenüber dem Betreuten verletzenund müssen in solchen Fällen manchmal sogar Schadensersatz an den Betreuten leisten.

10. Welche Mitspra­che­rechte haben Betreute?

Betreute haben zahlreiche Mitspra­che­rechte. So können sie zum Beispiel nicht nur bestimmen, wer sie sich um sie kümmern soll, sondern auch vom Betreu­ungs­ge­richt vorge­schlagene Betreuer ablehnen. Auch können sie beim Betreu­ungs­ge­richt beantragen, einen neuen Betreuer zu bekommen. Aller­dings funktio­niert ihre Mitsprache nur, wenn sie ihre Rechte kennen, was nicht immer der Fall ist – und Betreute müssen gesund­heitlich überhaupt dazu in der Lage sein, mitzu­be­stimmen.

Im Zusam­menhang mit den Mitspra­che­rechten stellt sich häufig auch die Frage, wie eine Betreuung beendet werden kann. Gegen den freien Willen eines Menschen darf keine Betreuung einge­richtet oder aufrecht­er­halten werden. Über die Aufhebung einer Betreuung entscheidet ein Gericht, manchmal mit Unterstützung eines medizi­ni­schen Sachverständigen. Den Antrag auf Beendigung einer Betreuung kann der Betroffene selbst stellen. Begründen kann er den Antrag beispiels­weise auch damit, dass er eine wirksame Vorsor­ge­voll­macht erteilt hat.

In vielen Fällen wollen die Betrof­fenen zwar die Betreuung behalten, aber den Betreuer wechseln. Auch für einen Betreu­er­wechsel muss der Betroffene einen Antrag beim Gericht stellen. Ob das Gericht dem Antrag zustimmt, liegt in dessen Ermessen. Um eine Betreuung von vornherein zu vermeiden, sollte man beizeiten eine wirksame Vorsor­ge­voll­macht erteilen, und sich dabei juris­tisch beraten lassen.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft