Patchwork: So erben Stiefkinder

Viele Menschen gehen nach einer Trennung oder Scheidung irgendwann eine neue Liebes­be­ziehung ein. Daraus werden oft Patchwork-Familien, in denen die Partner mit ihrem eigenen Nachwuchs und den Kindern des Partners, den Stief­kindern, zusam­men­leben. Die leibliche Verwandt­schaft spielt im Alltag meist keine Rolle, im Erbfall aber schon. Denn in Patchwork-Familien erben leibliche Kinder und Stief­kinder nicht immer gleich.

Es scheint, als habe die „klassische“ Familie mit Mutter, Vater, Kind ausge­dient. Zumindest gibt es jenseits dieses Modells heutzutage viele andere familiäre Konstel­la­tionen, teils werden diese von der Repro­duk­ti­ons­me­dizin hervor­ge­bracht.

Zwar ist die Leihmutterschaft in Deutschland verboten, dennoch beauftragen Bundesbürger nicht selten ausländische Leihmütter damit, ein Kind für sie auszutragen. Dabei kann die Leihmutter zum Beispiel die befruchtete Eizelle der beauftragenden Frau austragen, was rechtlich die Frage aufwirft, wer eigentlich die Mutter des Kindes ist. Die Antwort auf diese Frage hat nicht nur Folgen für das Abstammungsrecht, sondern auch für das Erbrecht, wie Experten für Erbrecht immer wieder betonen. Denn erbberechtigt ist ein Kind allein gegenüber seiner Mutter, nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist das die Frau, die das Kind zur Welt geboren hat.

Patchwork-Familien: Sind Stief­eltern und Stief­kinder mitein­ander verwandt?

Doch jenseits der Repro­duk­ti­ons­me­dizin fordern auch andere familiäre Konstel­la­tionen das aktuelle Erbrecht heraus. Das beginnt bereits bei Patchwork-Familien und der Frage, wie Kinder in diesen Familien erben können.

Nach der aktuellen Rechtslage gelten folgende Regeln: Bringt in einer Patchwork-Familie einer der Partner leibliche Kinder mit in die Ehe, werden diese zu Stief­kindern. Im Erbfall kann es nach dem Tod des  Stief­el­tern­teils passieren, dass die Stief­kinder nichts von dem Erbe erhalten. Die leiblichen Kinder können demgegenüber mindestens den Pflichtteil des Nachlasses beanspruchen.

Es scheint, als habe die „klassische“ Familie mit Mutter, Vater, Kind ausge­dient. Zumindest gibt es jenseits dieses Modells heutzutage viele andere Formen des familiären Zusam­men­lebens, darunter Paare, die komplett auf eine Ehe verzichten und „einfach so“ mit ihren Kindern zusam­men­leben. Oder Geschiedene, die wieder heiraten und mit ihrem neuen Partner eine Patchwork-Familie gründen.

Stief­kinder können keinen Pflichtteil beanspruchen

Im Alltag vieler Patchwork-Familien inter­es­siert die leibliche Verwandt­schaft kaum. Wichtig wird sie aber in bestimmten Situa­tionen, bei einem Erbfall etwa. Stirbt nämlich ein Stief­el­ternteil, kann es passieren, dass die Stief­kinder nichts vom Erbe erhalten. Die leiblichen Kinder können demgegenüber mindestens den Pflichtteil des Nachlasses beanspruchen.

Diese Rechtslage erklärt sich daraus, dass Stief­kinder und Stief­eltern juris­tisch betrachtet nicht mitein­ander verwandt sind, sondern verschwägert. Sie sind allein gesetz­liche Erben ihres leiblichen Eltern­teils, nicht des Stief­el­tern­teils. Stirbt dieses, fallen Stief­kinder nicht unter das Erbrecht und können noch nicht einmal einen Pflichtteil erhalten.

Erbschaft für Stief­kinder: Adoption der Stief­kinder?

Wer seinem Stiefkind entgegen dieser Rechtslage einen Teil seines Vermögens vererben will, hat dazu verschiedene Möglich­keiten. Eine davon ist, dass Stiefkind zu adoptieren, denn durch eine Adoption wird das Stiefkind zum gesetz­lichen Erben des Stief­el­tern­teils. Aber Stiefkind-Adoptionen sind nicht immer möglich. Es bieten sich daher eher erbrecht­liche Wege an, um ein Stiefkind am Nachlass zu betei­ligen.

Wie kann man ein Erbe unter leiblichen Kindern und Stief­kindern verteilen?

Man kann ein Stiefkind zum Beispiel über verschiedene Formen der „Verfügungen von Todes wegen“ bedenken, also über Testa­mente oder Erbverträge, mit denen man die gesetz­liche Erbfolge teils umgehen kann.

Bevor man sich für eine bestimmte Form der Verfügung entscheidet, sollte man prüfen, ob man in der Vergan­genheit nicht bereits ein Testament oder einen Erbvertrag aufge­setzt hat. Denn ein solches, älteres Dokument könnten eine neue Verfügung unwirksam machen.

Existiert bereits ein älteres Testament oder ein älterer Erbvertrag, empfiehlt es sich, dieses Dokument so ändern, dass es der neuen Verfügung inhaltlich nicht wieder­spricht. Im nächsten Schritt sollte man überlegen, wo der finan­zielle Schwer­punkt des Testa­ments oder des Erbver­trages liegen soll, es geht also um die Frage: Wer soll wie viel und was erben?

Hier sind verschiedene Szenarien denkbar, je nachdem, wie man den überle­benden Partner absichern will und ob man seinen leiblichen Kindern mehr vom Erbe hinter­lassen will als den Stief­kindern oder ob alle Kinder gleichermaßen erben sollen, was in vielen Patchwork-Familien der Fall sein wird.

Die Vor- und Nachteile eines Testa­ments für Stief­kinder

In einer Patchwork-Familie können die Ehepartner den Nachlass in Einzel­tes­ta­menten, gemein­samen Testa­menten oder in einem Erbvertrag vererben. Ein gemein­sames Berliner Testament der Ehegatten jedoch hat Tücken.

In einem Berliner Testament setzen sich Ehepartner gegen­seitig als Allei­nerben ein und binden sich an bestimmte Vorgaben, die etwa bestimmen, wie das Erbe später an die Kinder weiter­geben werden soll.

Diese Vorgaben kann der überle­bende Partner zwar nicht beliebig verändern, aber Szenarien wie diese sind doch denkbar: So könnte es sein, dass der überle­bende Partner sich nach dem Tod des Gatten nicht an die einst getrof­fenen Vorgaben hält und das Erbe schon zu Lebzeiten an seine leiblichen Kinder weitergibt. Das ist zwar eigentlich nicht zulässig, wenn es dem gemein­schaft­lichen Testament wider­spricht. Eine Rückabwicklung ist für die anderen Kinder später aber sehr schwierig oder sogar unmöglich, wenn das „Verschwinden“ des Geldes nicht zu beweisen ist.

Doch nicht nur ein gemeinsames Testament kann Nachteile haben. Auch Einzeltestamente bergen Risiken, denn bei dieser Art von Verfügung steht es jedem frei, sie zu ändern – den Ehepartner darüber informieren muss er nicht.

Erbvertrag für die Stief­kinder aufsetzen

Der sicherste Weg dahin, dass Stief­kinder einen Teil des Erbes erhalten oder gleich­be­rechtigt mit den leiblichen Kinder erben, ist ein Erbvertrag. Diesen muss man notariell beurkunden lassen, die Kosten dafür hängen vom Umfang des Erbes ab.

Wer über einen Erbvertrag seinen Partner absichern und seinen leiblichen Kindern wie auch Stief­kindern etwas von seinem Vermögen hinter­lassen will, hat verschiedene Möglich­keiten: Im Erbvertrag können sich die Ehegatten zum Beispiel als Allei­nerben einsetzen. Stirbt der zweite Partner, werden alle im Erbvertrag genannten Kinder, leibliche Kinder wie Stief­kinder, Schlus­serben und teilen sich das Erbe zu gleichen Teilen.

Regeln für den Pflichtteil der leiblichen Kinder

Da die leiblichen Kinder in dieser Konstruktion einen Pflichtteilsanspruch haben, sollte man mit ihnen parallel zum Aufsetzen des Erbvertrages einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren, optional auch verbunden mit einer kleinen Vorauszahlung auf das Erbe. Eine weitere Möglichkeit, alle Kinder zu bedenken, ist, den Partner im Erbvertrag als Alleinerben einzusetzen und den Kinder bereits beim ersten Erbfall einen Teil des Nachlasses als Vermächtnis zu geben.

Und schließlich kann ein Erbvertrag auch so aussehen, dass jeder Gatte darin seine leiblichen als alleinige Erben einsetzt und der überle­bende Partner zu seinen Gunsten ein Vermächtnis erhält, das ihm etwa ein Wohnrecht an einer Immobilie oder ein generelles Nießbrauch­recht am Erbe einräumt.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft