Lutz Lindner im Interview mit dem COBURGER Magazin
Sonne, milde Temperaturen, frische Luft – was gibt es da Schöneres als eine Radtour, ob alleine, mit der Familie, oder, wenn wieder erlaubt, mit Freunden oder im Verein. Fahrradfahren boomt. Gerade in Corona-Zeiten kommen die Hersteller mit dem Produzieren kaum hinterher, ist doch Bewegung an der frischen Luft immer erlaubt gewesen und eine der wenigen Möglichkeiten, sich während der Pandemie fit zu halten und Spaß zu haben – ob mit dem Mountainbike, auf dem Trekkingrad oder mit Motorunterstützung. Damit die Freude an der Bewegung auch ungetrübt bleibt, sollte man sich allerdings an ein paar Regeln halten. Der COBURGER hat sich dazu mit Wolfgang Hörnlein und Lutz Lindner von der Kanzlei Hörnlein & Feyler unterhalten, Fachanwälten unter anderem für Verkehrsrecht.
COBURGER: Was ist der Unterschied zwischen Pedelec und E-Bike?
Lutz Lindner: Das Pedelec ist das, was die meisten fahren und meinen, wenn sie von E-Bike reden. Bei einem Pedelec funktioniert der Motor nur, wenn man in die Pedale tritt. Der Motor hat bis zu 250 Watt und unterstützt den Fahrer bis zu maximal 25 Stundenkilometern. Das Pedelec gilt daher rechtlich als normales Fahrrad, das jeder ohne irgendeinen Führerschein, Altersbeschränkungen oder Zulassungen fahren darf. S-Pedelecs sind dagegen keine Fahrräder, sondern sind als Kleinkrafträder einzustufen. Sie funktionieren wie ein normales Pedelec, aber der Motor schaltet erst bei 45 km/h ab. Die erlaubte Nenndauerleistung bei Motoren liegt bei 500 Watt. S-Pedelecs benötigen eine Betriebserlaubnis oder Einzelzulassung vom Kraftfahrtbundesamt. Der Fahrer muss 16 Jahre sind, eine Fahrerlaubnis AM und ein Versicherungskennzeichen haben und einen geeigneten Schutzhelm tragen. Es gibt noch E-bikes im engeren Sinne. Diese lassen sich mit Drehgriff oder Schaltknopf fahren, ohne in die Pedale zu treten. Auch hier wird eine Betriebserlaubnis, ein Kennzeichen und mindestens eine Mofa-Prüfbescheinigung gefordert. Und E-Scooter darf man ab 14 Jahren fahren, eine Versicherung ist zwingend, aber kein Führerschein.
COBURGER: Und wer darf jetzt auf den Fahrradweg und wer nicht?
Wolfgang Hörnlein: Nur das reine Pedelec ist ein Fahrrad und darf damit auch auf einen Fahrradweg. Und wenn ein mit dem blauen Kennzeichnen markierter Fahrradweg vorhanden ist, muss dieser auch benutzt werden. Wer dagegen verstößt, kann im Falle eines Unfalls eine Teilschuld haben. S-Pedelecs oder E-Bikes haben auf einem Fahrradweg dagegen nichts verloren. E-Scooter dagegen sind auf Radwegen erlaubt. Nicht aber auf Gehwegen, in der Fußgängerzone oder in Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung.
COBURGER: Wie ist das sonst mit der Haftung, wenn man auf dem Zweirad unterwegs ist?
Wolfgang Hörnlein: Bei Fahrrädern ist es ja anders als z.B. bei Autos. Bei einem Auto haftet der Fahrer schon alleine durch die Bewegung des Fahrzeugs. Unabhängig von der Schuldfrage. Bei Pedelecs und E-Bikes, aber auch bei E-Scootern, muss ein Verschulden des Fahrers dagegen nachgewiesen werden. Erst wenn dieses vorliegt, haftet der Fahrer. Und auch wenn einem Fahrradfahrer selbst etwas zustößt, sollte man sich immer rechtsanwaltlich beraten lassen. Auch wenn das ohne Einwirkung eines Dritten passiert, z.B. weil Straßenschäden zu einem Sturz geführt haben. Ob in so einem konkreten Fall die Verkehrssicherungspflicht verletzt worden ist, ist immer eine Einzelfallentscheidung.
COBURGER: Jetzt kommt der Frühling, irgendwann werden auch Biergärten wieder öffnen dürfen. Klingt nach einem schönen Ausflug mit dem Rad. Aber wie sind denn die Richtlinien in Sachen Alkohol am Lenker?
Lutz Lindner: Ab 1,6 Promille begehen Radfahrer auch ohne erkennbare Fahrunsicherheit eine Straftat (Trunkenheit im Verkehr). Eine Trunkenheit im Verkehr kann aber auch dann gegeben sein, wenn man einen Promillewert von 0,3 erreicht hat und einen alkoholbedingten Fahrfehler begeht.In diesen Fällen kann es zu einer Überprüfung der Fahreignung (Anordnung der Führerscheinbehörde) eine Entziehung der Fahrerlaubnis oder sogar in Extremfällen zu einem Radfahrverbot kommen. Wenn ich noch keinen habe, weil ich z.B. noch zu jung bin, wird die Behörde angehalten, dem Fahrer erst einmal keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Schlimmstenfalls wird ein Radfahrverbot ausgesprochen. Unabhängig davon gibt es auch eine Geldstrafe. Eine Trunkenheit im Verkehr kann aber auch dann gegeben sein, wenn man einen Promillewert von 0,3 erreicht hat und einen alkoholbedingten Fahrfehler begeht. Sanktionen können dann im Übrigen auch Fußgänger treffen. Für S-Pedelec-, E-Bike- oder E-Scooter-Fahrer gelten ohnehin die strengeren Regeln wie für Autofahrer. Am besten also nicht alkoholisiert aufs Rad, den Gehsteig oder die Straße.
COBURGER: Welchen Pflichten gelten denn überhaupt für Fahrradfahrer?
Wolfgang Hörnlein: Natürlich muss die Straßenverkehrssicherheit des Fahrrads gegeben sein, also Licht, Klingel, 2 Bremsen, Reflektoren in den Speichen. Beim E-Bike gilt zudem eine Helmpflicht. Beim Pedelec nicht, das wird sich aber nach unserer Einschätzung ändern, dann wird das Nichttragen eines Helmes auch bei Fahrrädern im Schadensfall immer als Mitverschulden gewertet. Und auch vom gesunden Menschenverstand her sollte man einen Helm aufsetzen, vor allem bei schnelleren Radtypen wie Rennrädern zum Beispiel.
COBURGER: Und noch die aktuelle Frage, wie es sich verhält, wenn man auf einer Radtour durch unterschiedlichen Inzidenzgebiete fährt. Welche Regeln gelten dann?
Lutz Lindner: Es gilt immer, den jeweiligen Wert und die Regeln zu beachten der Stadt oder des Landkreises, den ich auf meiner Strecke durchfahre. Nur die Werte und Regeln der eigenen Heimatgemeinde einzuhalten, reicht also nicht.