Häusliche Gewalt: Was Betroffene tun können

Gewalt unter Partnern oder Ex-Partnern kommt in allen sozialen Schichten vor. Frauen sind sehr viel häufiger betroffen als Männer. Statis­tiken zufolge wird eine von vier Frauen mindestens einmal in ihrem Leben von ihrem aktuellen oder ehema­ligen Partner angegriffen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema und zeigen auf, was Betroffene tun können und welche Strafen den Gewalttätern drohen.

Schläge, Beschimp­fungen, Drohungen und manchmal Schlim­meres – häusliche Gewalt kann viele Formen annehmen. Betrof­fenen stehen unter­schied­liche Möglich­keiten offen, sich zu schützen. Doch die Straf­ver­folgung ist oft schwierig. Und die Täter wandern nur in seltenen Fällen hinter Gitter.

Was ist häusliche Gewalt?

Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche und psychische Gewalt innerhalb einer Beziehung oder häuslichen Gemeinschaft. Das bedeutet nicht unbedingt, dass Täter und Opfer zusammen wohnen. Gewalt durch den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin zählt ebenfalls dazu. Häusliche Gewalt kann auch in sexuellen Übergriffen, Beschimpfungen und Beleidigungen oder Einsperren bestehen.

Am weitesten verbreitet ist der Fall, dass der Mann die Frau angreift. Der Artikel geht deshalb von dieser Konstellation aus. Die Rechtslage ist aber natürlich auf andere Konstellationen übertragbar. Männer können ebenfalls von häuslicher Gewalt betroffen sein. Auch pflegebedürftige Personen können Opfer häuslicher Gewalt werden. Gleiches gilt für Kinder, entweder weil die Eltern direkt ihnen gegenüber handgreiflich werden oder weil sie bei einem Streit der Eltern zwischen die Fronten geraten.

Was tun, wenn man Zeuge häuslicher Gewalt wird, zum Beispiel in der Nachbarwohnung?

Wer mitbe­kommt, wie jemand gegen eine andere Person gewalttätig wird – zum Beispiel in der Nachbar­wohnung – ruft am besten die Polizei. Es kann auch hilfreich sein, unter einem Vorwand in der Nachbar­wohnung vorbei­zu­schauen. Vorsicht: Im Zweifel sollten Nachbarn das zu mehreren tun, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen.

Gerade Nachbarn spielen beim Thema Gewalt im häuslichen Umfeld eine wichtige Rolle. Aufmerksam zu sein, im Zweifel nachzu­fragen und Hilfe anzubieten kann Leben retten. Wer befürchtet, dass eine Nachbarin, Freundin oder Bekannte betroffen ist, kann die Person in einer ruhigen Situation alleine ansprechen und Hilfe anbieten.

Was kann ich tun, wenn mein Partner gewalttätig wird?

Das wichtigste ist, die Polizei zu rufen. Initia­tiven und Beratungs­stellen bieten ebenfalls Hilfe und infor­mieren darüber, welche Angebote und Schutzmöglich­keiten es gibt. Der Frauen­notruf beispiels­weise berät anonym, der Weiße Ring unterstützt ebenfalls. Daneben gibt es weitere nationale und regionale Angebote wie Frauenhäuser.

Was macht die Polizei?

Die Beamten befragen zunächst das vermeint­liche Opfer und den vermeint­lichen Täter. Bestätigt sich die Verdachtslage eines Falles von häuslicher Gewalt, nehmen die Polizisten die Ermitt­lungen auf. Ist die Frau bereit, auszu­sagen, organi­sieren die Beamten nach Rücksprache mit der Staats­an­walt­schaft möglichst schnell eine Zeugen­ver­nehmung der Frau durch den Ermitt­lungs­richter.

Das ist deshalb so wichtig für die Ermittler, weil sehr viele Opfer häuslicher Gewalt, nachdem sich der erste Schock über das Erlebte gelegt hat, die Aussage verweigern. Dies ist rechtlich möglich, wenn die Frau mit dem Mann verhei­ratet oder mit ihm verlobt ist.

Auch die Beiordnung eines Rechts­an­walts für das Opfer kann helfen, die notwendige Unterstützung zu leisten, sodass die Aussa­ge­be­reit­schaft erhalten bleibt. Häufig bleibt sie das aber nicht, etwa weil Frauen Angst haben, dass ihr Partner erneut gewalttätig wird. Oder sie sind wirtschaftlich abhängig von ihm, es sind noch gemeinsame Kinder im Spiel und sie scheuen deshalb eine Aussage. Hat das Opfer aller­dings vor dem Ermitt­lungs­richter ausgesagt, kann diese Aussage vor Gericht verwendet werden.

Häusliche Gewalt: Wer muss gehen?

Die Polizei kann einen Platzverweis und ein Kontakt­verbot aussprechen, das meist zunächst für drei Tage gilt. Der Mann muss dann die gemeinsame Wohnung verlassen. Unter Aufsicht der Polizisten darf er ein paar Sachen zusam­men­packen. Die Beamten nehmen ihm den Schlüssel zur Wohnung ab.

Auch der Aufenthalt in einem Frauenhaus kann dem Opfer helfen: In dieser Zeit hat die Frau dann Zeit und Ruhe, um sich zu überlegen, was sie weiter unter­nimmt. Sie kann vor dem Zivil­ge­richt einen Antrag auf Erlass eines Gewalt­schutz­be­schlusses stellen. Der Täter muss dann Abstand halten und hat ein striktes Kontakt­verbot. Dieses ist meist auf sechs Monate befristet, kann aber verlängert werden.

Verstößt er gegen das Kontakt­verbot, ist das eine Straftat. Nach §2 Gewalt­schutz­gesetz droht bis zu ein Jahr Haft. Diesen Gewalt­schutz­antrag können Betroffene beim zuständigen Amtsge­richt stellen. Der Gewaltschutzbeschluss hat auch eine wichtige Beweisfunktion, wenn es zu einer Scheidung kommen sollte und es um das Sorge- und Umgangsrecht geht.

Wenn die Frau bei ihrer Aussage bleibt, kommt es irgendwann zu einem Gerichts­ver­fahren.

Welche Strafen drohen?

Straf­rechtlich geht es bei häuslicher Gewalt meist um einfache Körperver­letzung, in manchen Fällen auch gefährliche Körperver­letzung (wenn der Täter beispiels­weise mit einem Gegen­stand zuschlägt), Belei­digung, Freiheits­be­raubung, Nötigung und Bedrohung.

Für die meisten Straf­taten im Rahmen häuslicher Gewalt sind Geldstrafen und theore­tisch auch Haftstrafen möglich. Zu einer Gefängniss­trafe kommt es aber meist nur, wenn noch andere Straf­taten hinzu­kommen. Darüber hinaus umfasst häusliche Gewalt Straf­taten im sogenannten Nähebereich. Da der Gesetz­geber davon ausgeht, dass die Hemmschwelle zur Gewalt gegenüber naheste­henden Personen niedriger ist als bei fremden Personen, drohen hier auch geringere Strafen.

Dafür, dass es selten zu Haftstrafen kommt, sorgt auch die Tatsache, dass die Täter häufig Männer und die Haupt­ver­diener der Familie sind oder für diese Unterhalt zahlen. Wenn sie ins Gefängnis gehen, fällt das Famili­enein­kommen weg und die ganze Familie leidet. Die Täter bekommen meist eine Geldstrafe und im Wieder­ho­lungsfall eine Bewährungs­strafe.

Gewaltschutzgesetz: Was ist das?

Die Maßnahmen, die die Polizei anordnen kann, fallen unter das Gewalt­schutz­gesetz. Es soll erwachsene Opfer häuslicher Gewalt schützen und ihnen die Möglichkeit geben, in ihrer eigenen Wohnung sicher zu sein. Das Gesetz regelt weiter, dass der Täter sich während des Platz­ver­weises eine andere Unter­kunft suchen muss.

Wann verjährt häusliche Gewalt?

Einfache Körperver­letzung verjährt nach drei Jahren. Aller­dings ist zu beachten, dass das Opfer innerhalb von drei Monaten nach der Tat einen Straf­antrag stellen sollte. Denn wenn die Staats­an­walt­schaft nicht von einem beson­deren öffent­lichen Interesse an der Tat ausgeht – was bei häuslicher Gewalt, die sich gerade nicht im öffent­lichen Raum abspielt, auch nicht ohne Weiteres passiert – und von Amts wegen einschreitet, kann die Tat ohne recht­zeitig gestellten Straf­antrag auch nicht mehr verfolgt werden.

Gelten die Verletzungen als Beweise?

Körperliche Gewalt hinterlässt oft sichtbare Verlet­zungen. Das Opfer ist deshalb nicht nur Zeugin, der Körper des Opfers ist auch Beweis­mittel.

Viele der betrof­fenen Frauen verstecken ihre Verlet­zungen unter der Kleidung. Immer wieder erklären die Opfer ihre Verlet­zungen auch mit erfun­denen Unfällen oder Missge­schicken.

Wenn das Opfer sich ärztlich behandeln lässt, sind die Verlet­zungen natürlich für den Arzt sichtbar. Sind (minderjährige) Kinder betroffen und weisen Verlet­zungen auf, die einen Verdacht auf häusliche Gewalt durch einen oder beide Eltern­teile begründen, schalten die Ärzte meist die Ermitt­lungsbehörden ein.

Häusliche Gewalt: Was passiert, wenn Kinder betroffen sind?

Auch wenn häuslich Gewalt per se Gewalt zwischen erwach­senen Partnern meint, lässt sie sich von Gewalt gegen Kinder nicht immer trennen. Sobald Kinder betroffen sind, ist auch das Jugendamt zuständig. Bei Gewalt in der Familie kann es die Kinder aus der Familie „in Obhut“ nehmen. Häufig müssen sich die Frauen dann entscheiden: Trennen sie sich nicht von ihrem Mann, verlieren sie gegebe­nen­falls die Kinder und diese werden in einer Pflege­fa­milie unter­ge­bracht.

Bei Gewalt gegen Kinder sind die straf­recht­lichen Konse­quenzen gravie­render. Das gilt vor allem bei sexueller Gewalt. Die Haftstrafen sind in gravie­renden Fällen erhöht und beginnen beispiels­weise bei zwei Jahren. Beim Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder Misshandlung Schutz­be­foh­lener wird der vermeint­liche Täter meist sofort verhaftet und kommt in Unter­su­chungshaft.

Was macht der Anwalt?

Opfer können sich an eine Anwältin für Familienrecht oder Opferrecht wenden. Anwältinnen für Strafrecht übernehmen in der Regel auch opferrechtliche Mandate.

Lässt sich der Täter anwaltlich vertreten, muss die Anwältin erst einmal einen Gesamtüberblick über die Situation gewinnen und beantragt Akten­ein­sicht. Auch wird die Anwältin die Persönlichkeit des Mandanten unter die Lupe nehmen. Ist diesem beispiels­weise bewusst, dass er ein Sucht­problem hat, kann ein stationärer Entzug eine Lösung sein – wenn hinter der Gewalt Alkohol der Drogen stecken. Manchmal kann auch eine Famili­en­me­diation oder die Aufnahme einer Therapie helfen, Konflikte aufzulösen. Die Anwältin kann diese vermitteln.

Die Betrof­fenen kann eine Anwältin beraten und bei den recht­lichen Schritten gegen die Täter unterstützen. Kommt es zu einem Prozess, kann das Opfer als Nebenkläger auftreten sich dabei von einem Rechts­anwalt vertreten lassen. Betroffene können mit Unterstützung einer Anwältin unter Umständen zudem Schmer­zensgeld und Schadensersatz geltend machen.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft