Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil: Die wichtigsten Fragen
Vererben und erben kann man auch dann, wenn der Erblasser kein Testament oder keinen Erbvertrag aufgesetzt hat. In solchen Fällen greifen die gesetzlichen Regeln zum Erben. Wir zeigen auf, welche das sind.
Nur wenige Bundesbürger schreiben ihren letzten Willen nieder. Denn viele vermeiden das Thema und verlassen sich lieber auf die gesetzlichen Regeln zum Erben. Diese Vorgaben greifen dann, wenn ein Erblasser weder ein Testament noch einen Erbvertrag aufgesetzt hat. Allerdings sollten die Erblasser mindestens die gesetzlichen Regeln kennen, um besser einschätzen zu können, ob sie ihr Vermögen tatsächlich danach vererben möchten.
Was bedeutet gesetzliche Erbfolge?
Die gesetzliche Erbfolge regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Dabei legen die Paragraphen dazu fest, wer erbt, wenn ein Erblasser es versäumt hat, seinen letzten Willen niederzuschreiben. Der Nachlass teilt sich dann nach diesen Vorgaben auf. Außerdem definiert der BGB, dass mehrere Erben eine Erbengemeinschaft bilden und dass diese nicht nur den Nachlass erben, sondern möglicherweise auch die Schulden des Erblassers. Doch Erben können zwar einen Nachlass annehmen, sie müssen es aber nicht. Überschuldete Nachlässe kann man auch ausschlagen.
Wer ist Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge?
Dem BGB nach sind in erster Linie die engsten Familienangehörigen eines Erblassers erbberechtigt. In der gesetzlichen Erbfolge haben die Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und die Kinder des Erblassers eine besondere Position. Dabei spielt es heutzutage keine Rolle, ob die Kinder eines Erblassers ehelich oder unehelich geboren oder adoptiert sind. Nur bei Stiefkindern sieht die Erbfolge anders aus.
Enkel zählen auch zu den Erben erster Ordnung. Sie erben aber erst dann, wenn ihr erbberechtigter Elternteil vor dem Erblasser stirbt, also beispielsweise der Vater vor dem Opa.
Zu den Erben zweiter Ordnung gehören die Eltern eines Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. Diese Verwandten stehen hinter den Erben erster Ordnung zurück und können nur dann erben, wenn der Erblasser etwa kinderlos war. Bei kinderlosen Paaren erben der Ehegatte und die Eltern.
Wichtig zu wissen ist, dass bei Paaren, die in „wilder Ehe“ zusammen leben, der überlebende Partner nicht erbt, denn er gilt nicht als Angehöriger. Wer seinem Partner etwas vererben möchte, sollte deshalb unbedingt ein Testament aufsetzen.
Was geschieht mit einem Nachlass, wenn sich kein Erbe findet?
Bei manchen Nachlässen sind die Erbverhältnisse unklar, weil es keine engen Familienangehörigen gibt. Dann beauftragt das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger damit, Nachforschungen anzustellen, um entfernte Verwandte des Erblassers ausfindig zu machen. In solchen Fällen sind nämlich auch Verwandte dritter oder sogar vierter Ordnung erbberechtigt. Kann der Nachlasspfleger keine noch so entfernten Verwandten ermitteln, fällt das gesamte Erbe an den Staat.
Wer bekommt wie viel vom Nachlass?
Wenn aber doch enge Familienangehörige leben und die Erbfolge eindeutig ist, dann stellt sich die Frage, welcher Erbe wie viel vom Nachlass erhält. Das hängt auch vom Güterstand der Eheleute ab. Bei einem Paar, das in einer Zugewinngemeinschaft gelebt hat, steht dem überlebenden Gatten ein Viertel des Nachlasses zu. Zusätzlich erhält er ein Viertel für die Zugewinngemeinschaft, insgesamt also die Hälfte. Die Kinder, egal wie viele es sind, teilen sich die andere Hälfte zu gleichen Teilen. Hatte das Paar keine Kinder, erbt der Gatte neben den Eltern des Erblassers drei Viertel.
Die Regeln sind etwas komplizierter, wenn ein Paar in einem Ehevertrag eine Gütertrennung für ihre Beziehung vereinbart hatte. Dann richtet sich die Größe des Erbanteils nämlich nach der Anzahl der Kinder, die das Paar womöglich hatte. Dabei erhalten der überlebende Gatte und das Kind oder die Kinder jeweils gleiche Anteile am Erbe, der Ehegatte aber mindestens ein Viertel.
Besondere Regeln gelten für den durch Ehevertrag zu vereinbarenden Güterstand der Gütergemeinschaft, welcher aber nur in wenigen Regionen verbreitet ist.
Was bedeutet Pflichtteil?
Selbst wenn ein enger Familienangehöriger enterbt wird, steht ihm in der Regel ein gesetzlicher Pflichtteil am Erbe zu. Dieser Pflichtteil kann nur entfallen, wenn der Erblasser den Angehörigen berechtigt enterbt hat. Das ist aber selten und nur dann möglich, wenn schwerwiegende Gründe dafür vorliegen, der Verwandte zum Beispiel „erbunwürdig“ ist, wie es im BGB heißt.
Erbunwürdig ist ein Verwandter etwa dann, wenn er den Erblasser misshandelt oder sogar versucht hat, ihn zu töten. Aber auch schon weniger schwere Straftaten können den Erblasser dazu berechtigen, dem Verwandten den Pflichtteil zu entziehen, etwa wenn dieser zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt worden ist.
Diese Strafen müssen nicht mit dem Erblasser zu tun haben. Der Erblasser muss die Pflichtteilsentziehung aber in einer letztwilligen Verfügung ausdrücklich anordnen.
Wer bekommt den Pflichtteil?
Einen Pflichtteil beanspruchen dürfen nur der Ehegatte, die Kinder und die Eltern des Erblassers. Diese sind aber nur dann anspruchsberechtigt, wenn der Erblasser keinen Nachwuchs hatte. Stiefkinder oder Geschwister erhalten den gesetzlichen Pflichtteil nicht.
Wie hoch ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Einem enterbten Gatten würde beispielsweise in einer Zugewinngemeinschaft ein Viertel des Wertes des Nachlasses zustehen. Diesen Betrag müssten die alleinerbenden Kinder an den Elternteil auszahlen. Wie hoch der Pflichtteil in anderen Konstellationen sein kann, muss man ausrechnen lassen.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft