Frühere sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Fristlose Kündigung

Erfährt der Arbeitgeber vom sexuellen Übergriffs eines Mitarbeiters, muss er eine fristlose Kündigung in der Zwei-Wochen-Frist aussprechen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Vorfall zwar länger zurück liegt, der Arbeitgeber aber erst kürzlich davon erfahren hat.

Belästigt ein Arbeitnehmer eine Kollegin sexuell, kann das auch dann eine fristlose Kündigung des langjährigen Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn der Vorfall schon über ein Jahr zurückliegt. Voraussetzung ist, dass sich die Betroffene erst dann gegenüber dem Arbeitgeber offenbart hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden.

Kündigung wegen der Wurst oder sexueller Belästigung?

Ans Licht kam der sexuelle Übergriff erst nach einem Jahr und aufgrund eines anderen Vorgangs. Dem Abteilungsleiter, der seit 1993 bei einem Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels beschäftigt war, wurde am 20. Januar 2015 fristlos gekündigt. Das Unternehmen begründete die Kündigung mit dem Verzehr eines Stücks Fleisch im Wert von 80 Cent.

Der Mann wehrte sich dagegen mit einer Kündigungsschutzklage. Es habe sich um eine erforderliche Probe gehandelt. Erst nach dieser Kündigung erfuhr der Arbeitgeber von einem Vorfall aus dem Frühjahr 2014. Damals hatte der Mann die Tür zu einem Raum geschlossen, in dem sich nur er und eine Mitarbeiterin befanden. Er drängte sie an die Wand, umarmte sie und strich ihr mit den Armen den Rücken hinab bis zum Po. Die Mitarbeiterin erzählte den Vorfall zunächst ausschließlich der Marktleiterin.

Fristlose Kündigung auch für zurückliegende sexuelle Belästigung

Das Landesarbeitsgericht erachtete anders als das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil vom 11. Juni 2015 3 Ca 120 a/15) die fristlose Kündigung als rechtmäßig und wies die Kündigungsschutzklage ab. Wegen des Wurstverzehrs war die Kündigung grundsätzlich gerechtfertigt. Und außerdem eine fristlose wegen der sexuellen Belästigung.

Nach der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass die Einlassung des Mannes, es handele sich um eine zulässige Probe, eine Schutzbehauptung war und er ein Vermögensdelikt zu Lasten seines Arbeitgebers begangen hatte. Dies hätte auch trotz langjährigen Arbeitsverhältnisses angesichts der Vorgesetztenstellung zumindest eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt.

Für eine fristlose Kündigung wertete das Gericht den nach Beweisaufnahme feststehenden sexuellen Übergriff des Mitarbeiters als wichtigen Grund. Es kam auch nicht darauf an, dass der Vorfall länger zurücklag. Da der Arbeitgeber erst nach Ausspruch der Kündigung davon erfuhr, musste er nicht die Zwei-Wochen-Frist einhalten. Der Vorfall lag zwar lange zurück, konnte die Kündigung aber dennoch begründen.

Das Wissen der Marktleiterin ist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen. Sie hatte nicht die Erlaubnis des Opfers, den Vorfall an die Geschäftsführung zu melden. Angesichts der Schwere des Vorfalls war es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich im Zweifel bei einer Kündigung anwaltlich beraten lassen, um Prozesse zu vermeiden.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft