Falsche Verdächtigung: Welche Strafen sind möglich?

Es kann ein persönlicher Racheakt sein oder der Versuch, einen beruflichen oder privaten Konkurrenten loszuwerden: Dass eine Person eine andere wider besseres Wissen einer Straftat beschuldigt, kommt immer wieder vor. Während man nichts befürchten muss, wenn man jemanden versehentlich falsch verdächtigt, ist eine wissentlich falsche Anschuldigung eine Straftat.

Herrn Obermayer ist sein Nachbar Herr Lohmüller schon lange ein Dorn im Auge. Ständig feiert er in seinem Garten bis in die frühen Morgenstunden Partys, die Musik hält Obermayer oft bis morgens wach. Als wäre das nicht genug, ist Herrn Obermayers Garten am nächsten Tag meist mit Bierflaschen und Zigarettenstummeln verschmutzt. Obermayer entscheidet, etwas zu unternehmen. Er ruft die Polizei an und behauptet gesehen zu haben, wie Lohmüller bei einer seiner Partys Drogen an seine Gäste verkauft. Einer der Gäste habe ihm das auch bestätigt. Beides ist gelogen. Zwei Tage später steht die Polizei vor Lohmüllers Haus. Droht Obermayer nun eine Strafe?

Falsche Verdächtigung: Anzeige wider besseres Wissen

Auch wenn eine Falschverdächtigung moralisch immer verwerflich ist – damit sie als Straftat gilt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Von einer falschen Verdächtigung spricht man, wenn eine Person jemanden wider besseren Wissens einer Straftat mit der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen. Dies muss gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft geschehen. Nur etwas Falsches zu behaupten, ist nicht strafbar. Es muss mit Absicht geschehen und mit Wissen um die Unwahrheit der Behauptung, damit die falsche Beschuldigung als Straftat gilt.

Eine weitere Bedingung dafür, dass eine falsche Beschuldigung strafbar ist: Die vorgebrachten Tatsachen sind geeignet, Ermittlungsmaßnahmen auszulösen. Dies reicht von der einfachen Beschuldigtenvernehmung bis zur Hausdurchsuchung.

Anzeige bei Polizei, Staatsanwalt oder Anschuldigung in der Öffentlichkeit

Wichtig ist, wie bereits erwähnt, auch das entsprechende Publikum, also vor wem man die Anschuldigung vorbringt. Der falschen Verdächtigung macht sich nur schuldig, wer eine andere Person bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder öffentlich einer Straftat verdächtigt. „Öffentlichkeit“ in diesem Sinne ist eine Personengruppe von nicht genau zu benennender Größe, klassischerweise im Internet, in sonstigen Medien oder bei einer Demonstration. Eine Behauptung in kleiner Runde, zum Beispiel am Familientisch oder in der Freundesrunde, gilt nicht als öffentlich.

Im Fall Obermayer gegen Lohmüller sind alle Bedingungen für eine strafbare Falschverdächtigung erfüllt: Obermayer hat seinen Nachbar bewusst falsch beschuldigt und die Bestätigung des Gastes erfunden. Er hat das vor der Polizei getan und damit bewirkt, dass die Beamten das Haus von Lohmüller durchsuchten.

Bis zu fünf Jahren Haft für falsche Verdächtigung

Das mögliche Strafmaß bei einer falschen Verdächtigung reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft. Was auf den Straftäter zukommt, hängt von dem Delikt ab, dessen er die andere Person verdächtig hat. So macht es einen Unterschied, ob es sich dabei um Diebstahl, Steuerhinterziehung oder sogar die Planung eines terroristischen Anschlags handelt.

Davon abhängig und ebenfalls wichtig ist, welche Ermittlungsmaßnahmen die falsche Verdächtigung auslöst. Kommen auf die Anzeige hin lediglich zwei Beamte vorbei, um sich in der Wohnung des Verdächtigen einmal umzuschauen, bindet das natürlich weniger Ressourcen der Ermittlungsbehörden als eine landesweite Fahndung oder DNA-Tests bei einer großen Gruppe Menschen. Entsprechend wirkt sich das auf das Strafmaß aus.

Falsche Verdächtigung aus Versehen: Keine Konsequenzen

Wer hingegen eine andere Person aus Versehen falsch verdächtigt, muss nichts befürchten. Das gilt zum Beispiel, wenn man glaubt, jemandem auf einem Fahndungsfoto zu erkennen und sich darin irrt. Oder wenn jemand der Meinung ist, eine Straftat zu beobachten, die in Wahrheit gar keine ist. Schließlich soll niemand davon abgehalten werden, Strafanzeige zu erstatten, auch wenn man sich womöglich nicht ganz sicher ist. Etwaige Zweifel muss man dann aber der Polizei mitteilen.

In der Praxis ist es allerdings schwer nachzuweisen, ob jemand gelogen oder sich einfach geirrt hat. So kann wohl niemand beweisen, ob Obermayer seine Anschuldigung erfunden oder ob er wirklich gesehen hat, wie sein Nachbar bei einer Party Tütchen mit bunten Pillen verteilt hat. Und ob der Gast Lohmüller wirklich beschuldigt hat, lässt sich im Nachhinein auch kaum belegen.

Wer sich zu Unrecht verdächtigt fühlt oder angezeigt wurde, sollte sich an einen Fachanwalt für Strafrecht wenden. Das ist bei Anzeigen meist sowieso sinnvoll, insbesondere dann, wenn man von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde. Opfer falscher Verdächtigungen können auch ihrerseits Anzeige erstatten.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft