Ein Testament anfechten: Das müssen Sie wissen

Nachlässe sorgen häufig für Streit in Familien. Manche Erben gehen dabei so weit, dass sie das Testament des Verstor­benen anfechten. Aber für eine Anfechtung braucht man gute Gründe. Wann Sie eine gute Chancen auf Erfolg haben, verraten wir Ihnen hier.

Auf die Bundesbürger kommt in den nächsten Jahren ein wahrer Geldregen herab. Schließlich können sie in der kommenden Dekade mit üppigen Erbschaften im Wert von 3,1 Billionen Euro rechnen, wie eine aktuelle Studie im Auftrag des Deutschen Instituts für Alters­vor­sorge (DIA) zeigt. Aller­dings weist die Studie auch darauf hin, dass diese Erbschaften sehr ungleich unter den Bürgern verteilt sein werden.

Die Frage, wie Erbschaften verteilt sind, und wer wie viel erbt, ist nicht nur eine gesellschaftspolitische, sie kann auch in erbenden Familien zum Thema werden. Denn es ist kein Einzelfall, dass Erblasser ihre Erben ungleich bedenken, erbitterter Streit unter Verwandten ist dabei vorprogrammiert. Der Kampf um den Nachlass eines Verstorbenen gehört seit jeher zu den Klassikern unter den familiären Konflikten.

Diese Konflikte versuchen manche Erben zu ihren Gunsten zu entscheiden, indem sie das Testament des Erblassers anfechten, wenn sie sich darin nicht ausrei­chend bedacht sehen. Eine erfolg­reiche Anfechtung kann dazu führen, dass ein Testament unwirksam wird und der Nachlass neu aufge­teilt werden muss. Doch bis dahin ist es oft ein langer Weg, auf dem Erben einige Regeln beachten müssen.

Wer kann ein Erbe anfechten?

So können Erben einen letzten Willen nur dann anfechten, wenn der Erblasser verstorben, der Erbfall also bereits eingetreten ist. Darüber hinaus erlaubt das Bürgerliche Gesetzbuch nur bestimmten Erben, Testamente anzufechten, nämlich dann, wenn sie aus der Anfechtung einen Vorteil ziehen.

Vermacht ein Erblasser sein Haus beispiels­weise einer gemeinnützigen Organi­sation statt seinen Kindern, könnten diese versuchen, über eine Anfechtung gegen sein Testament vorzu­gehen – wenn sie einen guten Grund dafür vorbringen können (siehe weiter unten). Denn die Kinder würden davon profi­tieren, wenn der letzte Wille ihres Vaters für unwirksam erklärt würde. In diesem Fall würden nämlich sie das Haus erben.

Diese recht­liche Vorgabe verkleinert den Kreis der Menschen, die etwas gegen ein Testament unter­nehmen können: Es kommen zum einen die Personen in Frage, die eigentlich gesetz­liche Erben wären, meistens also Abkömmlinge und Ehegatten, zum anderen die Personen, die durch ein anderes, früheres Testament profi­tieren würden, weil sie dort bedacht wurden.

Wann kann man ein Testament anfechten?

Aller­dings reicht es rechtlich gesehen nicht, zu den Personen zu gehören, die berechtigt sind, einen letzten Willen anzufechten. Man braucht auch sehr gute Gründe, um diesen Schritt zu recht­fer­tigen. Denn Erblasser können zunächst einmal frei darüber entscheiden, wem sie ihr Vermögen vererben. Sie können ihren Angehörigen also auch nur den gesetz­lichen Pflichtteil hinter­lassen und ansonsten andere Erben bedenken.

Um diese sogenannte Testier­freiheit eines Erblassers auszu­hebeln und ein Testament als unwirksam erklären zu lassen, muss einer der Anfech­tungsgründe vorliegen, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt.

Das ist denkbar, wenn etwa das Testament einen Pflichtteilsberechtigten übergeht, der beim Erbfall noch nicht existierte oder dessen Existenz dem Erblasser nicht bekannt war. Wenn also ein Erblasser zum Beispiel die Kinder aus seiner ersten Ehe bedacht hat, aber nicht daran gedacht hat, dass aus einer zweiten oder dritten Ehe noch mehr Kinder hervorgehen.

Auch wenn ein Erblasser bedroht und so gezwungen wurde, jemanden als Allei­nerben einzu­setzen, kann man das Testament anfechten. Das gilt auch, wenn sich der Erblasser geirrt hat, als er seinen letzten Willen nieder­schrieb.

In diesen Fällen könnte das Testament entweder komplett oder zumindest in Teilen unwirksam sein. Aber, und das ist das große Problem in der Praxis: Erben müssen belegen, dass das Testament etwa unter dubiosen Umständen entstanden ist. Dazu muss man Zeugen und Beweise erbringen und diese dem Gericht vorlegen.

Wie kann man ein Testament anfechten?

Wer ein Testament anfechten und sich dabei auf die gesetz­lichen Anfech­tungsgründe stützen will, muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfech­tungs­grundes eine Erklärung beim Nachlass­ge­richt abgeben. Darin muss man mitteilen, dass man das Testament anficht, begründen muss man dies nicht. Die Erklärung muss auch keine beson­deren formalen Kriterien erfüllen.

Diese Erklärung spielt dann eine Rolle, wenn jemand für diesen Erbfall einen Erbschein beim Nachlass­ge­richt beantragt. Dann wird die Anfechtung öffentlich.

Wie berechtigt die Anfechtung ist, muss der Anfechtende vor Gericht plausibel machen und belegen. Das Gericht prüft die Beweise und erklärt dann indirekt das Testament für unwirksam oder nicht, indem der Erbschein erteilt oder verweigert wird. Im einem Fall – das Testament ist unwirksam – greifen ein eventuell früher geschriebenes Testament oder die gesetzliche Erbfolge, die den Anfechtenden begünstigt.

Übrigens erlischt die Frist, in der man ein Testament anfechten kann, 30 Jahre nach dem Erbfall, unabhängig von der Kenntnis des Anfech­tungs­grundes.

Testament anfechten wegen Demenz oder Alter: Geht das?

Vom Anfechten eines Testa­ments spricht man nicht nur, wenn die gesetz­lichen Anfech­tungsgründe greifen. In der Alltags­sprache spricht man auch vom Anfechten, wenn Erben etwa gegen ein Testament vorgehen wollen, das ein demenz­kranker, testierunfähiger Erblasser geschrieben hat. In diesen Fällen reicht allerdings allein die Diagnose einer Demenz nicht als Anfech­tungs­grund aus. Die Demenz muss so stark ausgeprägt gewesen sein, dass der Erblasser testierunfähig war.

In diesem Fall können Erben nur versuchen, die Testierunfähigkeit des Erblassers zu belegen und das Testament darüber für unwirksam erklären zu lassen. Doch auch hier stellt sich das Problem des Beweises, der in der Praxis nur selten gelingt.

Fachlicher Rat empfehlenswert

Eine Fachanwältin oder ein Fachanwalt für Erbrecht ist immer eine gute Adresse, wenn es um Rat geht, welche Wege es gibt, ein Testament anzufechten und ob Sie zum berechtigten Personenkreis gehören. Sie erfahren dabei auch, wie das Verfahren abläuft, welche Schritte Sie unter­nehmen müssen, um eine Anfechtung durchzuführen, und Sie erhalten bei Bedarf auch kompetente Vertretung vor Gericht.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft