Digitales Erbe: Was passiert mit Facebook-Profilen oder E-Mail-Konten?

Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er Spuren im Netz. Die Angehörigen müssen Konten löschen und Accounts schließen. Wenn aber die Passwörter nicht hinterlegt sind, wird es mühselig. Aber nicht unmöglich.

Nach dem Tod eines Angehörigen sind neben der Trauer auch eine ganze Menge organisatorischer Dinge zu bewältigen. Zunehmend wichtiger werden hier die Konten im Netz, etwa auf Shopping-Portalen oder bei Mailprovidern. Und auch Profile in sozialen Netzwerken müssen deaktiviert werden.

Betroffene Famili­en­mit­glieder kann das vor Probleme stellen. Daher zeigen wir die unter­schied­lichen Möglich­keiten, um Accounts, Profile oder Mail-Konten Verstor­bener zu löschen:

1. Passwörter zu Lebzeiten hinterlegen

Die für die Angehörigen einfachste Möglichkeit ist das Hinter­legen der Passwörter. Aller­dings sollte hier bedacht werden, dass Passwörter idealer­weise regelmäßig gewechselt werden. Demnach muss das hinter­legte Papier stets aktua­li­siert werden. Nichts­de­sto­trotz ist dies die sicherste Variante, um den Angehörigen die mühselige Arbeit nach dem Ableben zu ersparen.

2. Nachlasskontakt bestimmen

Einige wenige soziale Netzwerke und andere größere Websites mit Konto­funkton bieten die Möglichkeit, einen Nachlass­kontakt zu bestimmen.

Facebook ist hier zuvor­derst zu nennen. Diese Person muss zu Lebzeiten bestimmt werden und sie kann im Todesfall dann das Konto verwalten – es aller­dings nicht löschen. Letzteres ist erst durch die Kontakt­auf­nahme mit dem Unter­nehmen möglich.

3. Dokumente wie Geburts- oder Sterbeurkunde den Firmen zusenden

Ganz ohne Unter­lagen ist es schwer, einen Account löschen zu lassen. Zwar kann man hier und da auf die Kulanz der Firmen setzen, einfacher aber ist es, wenn man einen Nachweis mitschickt, der einen als Erben identi­fi­ziert. Die Sterbe- oder Geburts­ur­kunde ist ebenso denkbar wie der Erbschein. Facebook beispiels­weise weist explizit auf diese Möglichkeit hin.

Doch gibt es Unternehmen, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen erklären, dass selbst nach dem Tod die Zugangsdaten geheim bleiben.

Nach deutschem Recht geht grundsätzlich das ganze Vermögen und damit auch der gesamte digitale Nachlass inklusive E-Mail-Accounts, Providerverträgen und Auskunftsansprüchen – zum Beispiel in Bezug auf Passwörter – auf die Erben des verstorbenen Internetnutzers über. Das steht jedoch im Widerspruch dazu, dass sich die Provider auf das Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heimnis berufen dürfen. Folglich weigern sich manche Unternehmen, die E-Mails aus dem Account des Verstor­benen heraus­zu­geben, die noch nicht abgerufen sind.

4. Bundes­ge­richtshof: Zugang zu Facebook-Konto ist Teil des Erbes

Der Bundesgerichtshof hat am 12.07.2018 ein Urteil gefällt, das grundsätzliche Bedeutung für den Umgang mit dem digitalen Erbe haben dürfte. Die Entscheidung der Richter in Karlsruhe: Das soziale Netzwerk Facebook muss den Eltern eines toten Mädchens als Erben Zugang zu dem gesperrten Nutzerkonto der Tochter gestatten. Die Richter hätten grundsätzlich entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht. Diese hätten gegenüber dem Netzwerkbetreiber so einen Anspruch auf Zugang zu dem Konto – einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte.

Ob Erben Chat-Nachrichten und E-Mails genauso lesen dürfen, wie beispielsweise Tagebücher oder Liebesbriefe, war bislang rechtlich nicht eindeutig geregelt. Auch war bislang umstritten, ob Daten vererbt werden können, die sich nicht – vergleichbar mit dem Tagebuch – ausschließlich zu Hause auf der Festplatte oder einem Datenträger befinden, sondern auf einem fremden Server. Mit dem Urteil vom 12.07.2018 schafft der Bundesgerichtshof hier zum ersten Mal Klarheit.

Verhandelt wurde folgender Fall: Ein 15-jähriges Mädchen war 2012 in Berlin vor eine U-Bahn gestürzt. Die Hintergründe des Todesfalls blieben dabei ungeklärt. Auf dem Facebook-Konto des Mädchens erhofften sich die Eltern Hinweise auf einen möglichen Suizid. Doch obwohl sie über das Passwort für das Konto verfügten, konnten die Eltern dieses nicht aufrufen. Facebook hatte das Profil im sogenannten Gedenkzustand eingefroren. Die Eltern forderten den Zugang, als Facebook sich weigerte zogen sie vor Gericht.

Das Landgericht Berlin war zunächst auf Seite der Eltern und entschied im Dezember 2015, dass die Eltern den Facebook-Account „erben“ (AZ: 20 O 172/15). Die Richter waren der Ansicht, dass der Vertrag mit Facebook Teil des Erbes sei. Somit wollen sie den digitalen Nachlass nicht anders behandelt sehen als etwa Briefe oder Tagebücher. Das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Kindes stehe der Entscheidung nicht entgegen, so das Gericht. Als Sorgeberechtigte seien die Eltern berechtigt zu wissen, wie und worüber ihr minderjähriges Kind im Internet kommuniziere – sowohl zu Lebzeiten als auch nach dessen Tod.

Diese Entscheidung kippte das Berliner Kammergericht allerdings im Mai 2017. Und folgte in seiner Begründung der Argumentation Facebooks: Die Kommunikation über die Plattform Facebook betreffe auch das Fernmel­de­ge­heimnis von Kommu­ni­ka­ti­ons­partnern des Mädchens. Das sind zum Beispiel die Facebook-Nutzer, mit denen es Nachrichten ausge­tauscht hatte. Deren Privatsphäre müsse geschützt sein. Damit schloss sich das Kammergericht der Ansicht von Facebook an.

Diese Begründung überzeugte die Richter am Bundesgerichtshof wiederum nicht. Ihre Entgegnung: mit dem Passwort hätten sich die Eltern schon zu Lebzeiten des Mädchens im Konto anmelden können. Es sei also fraglich, ob das Vertrauen der anderen Nutzer, dass niemand mitlese, wirklich schutzwürdig sei. Auch Briefe und Tagebücher gingen an die Erben über. Es bestehe kein Grund, digitale Inhalte anders zu behandeln. Die Tochter habe mit Facebook einen Nutzungsvertrag geschlossen, und die Eltern seien als Erben in diesen Vertrag eingetreten. Durch Facebooks Bestimmungen sei ein Vererben des Vertrags nicht ausgeschlossen. Das Urteil wurde in letzter Instanz gefällt und ist damit rechtskräftig.

Auch Google hat inzwischen reagiert

Wie gezeigt, haben in den vergan­genen Jahren einige Anbieter auf diese Proble­matik reagiert. Bei Google kann zum Beispiel jeder Nutzer zu Lebzeiten program­mieren, wann der Account samt aller Daten automa­tisch gelöscht werden soll – zum Beispiel, wenn der Nutzer sich eine gewisse Zeit lang nicht mehr anmeldet. Vor der endgültigen Löschung wird der Nutzer sicher­heits­halber stets per E-Mail infor­miert.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft