Binationale Ehen: Welches Recht gilt bei Eheschließung und Scheidung?

Die Welt wächst immer weiter zusammen. Da überrascht es nicht, dass immer mehr Menschen einen Partner aus einem anderen Land heiraten. Zu den kulturellen und sprachlichen Herausforderungen, mit denen binationale Paare im Alltag konfrontiert sein können, kommen nicht selten rechtliche – vor allem, wenn es um Eheschließung, Scheidung, Unterhalt und Sorgerecht geht.

Katharina ist Deutsche, Pierre ist Franzose. Die beiden lernten sich an der Bochumer Uni kennen und heirateten schließlich in Bochum, bevor sie gemeinsam nach Paris zogen. Nach fünfzehn Jahren ging die Ehe in die Brüche: Katharina zog mit den beiden Kindern in ihren Geburtsort Wanne-Eickel. Nun steht die Scheidung an und Katharina und Pierre sind nicht sicher, ob sie sich dazu an die deutschen oder die französischen Behörden wenden sollen.

Solche Fälle gibt es viele: Von den mehreren hunderttausend Ehen, die jährlich in Deutschland geschlossen werden, ist fast jede neunte Ehe eine binationale. Lesen Sie hier, welche rechtlichen Besonderheiten binationale Familien im Blick haben sollten.

Scheidung von binationalen Ehen: auf Zuständigkeit achten

Was passiert nun, wenn die Ehe in die Brüche geht? Dann ist zunächst zu klären, in welchem Land die Gerichte für die Scheidung zuständig sind. Das regeln europäische Gesetze, die durch Verordnungen in den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Die Zuständigkeit im Falle einer Scheidung einer binationalen Ehe regelt die sogenannte Rom-III-Verordnung. Demnach ist das Gericht am letzten gemeinsamen Wohnort der Ehepartner für die Scheidung zuständig. Katharina und Pierre müssten ihren Scheidungsantrag also in Paris einreichen, wo sie zuletzt zusammen gelebt haben.

Sorge- und Umgangsrecht: letzter Aufenthaltsort des Kindes entscheidet

Die Zuständigkeit in sorge- und umgangsrechtliche Fragen wird innerhalb Europas für europäische Staatsbürger durch die Brüssel-IIa-Verordnung geregelt. Entscheidend ist demnach der letzte Aufenthaltsort des Kindes. Ist dieser nicht sicher oder hat er sich in der jüngsten Vergangenheit oft geändert, entscheidet in letzter Konsequenz die Staatsangehörigkeit des Kindes. Zurück zu unserem deutsch-französischen Paar: Würden sich die beiden mit Blick auf Sorge- und Umgangsrecht nicht einig, müsste ein Gericht in Wanne-Eickel entscheiden, da die beiden Kinder dort leben.

Unterhalt: Wohnort des Unterhaltsberechtigten wichtig

Angenommen, die Eltern sind getrennt und leben in unterschiedlichen europäischen Ländern – welches Gericht entscheidet über den Unterhalt? Hier gilt der Wohnort des Unterhaltsberechtigten als Basis. Wie hoch der Unterhalt ausfällt und welche Vereinbarungen sonst noch getroffen werden, kommt natürlich auf die persönliche Situation der Scheidungswilligen an.

Umzug in ein anderes Land: Familien sollten Rechtswahl treffen

Nicht nur für binationale Familien sondern für alle, die in ein anderes Land auswandern, ist wichtig: Anders als viele vermuten, nimmt man das Recht des vorherigen Wohnorts oder des Landes, dessen Staatsangehörigkeit man besitzt, nicht mit. Bei allen juristischen Fragestellen gilt das Recht des derzeitigen Wohnortes – solange nichts anderes vereinbart ist. Es ist allerdings möglich, eine Rechtswahl zu treffen. Wer in ein anderes europäisches Land auswandert, kann festlegen, in manchen Aspekten die deutsche Rechtsordnung mitzunehmen. Das besagt die europäische Rechtsordnung.

Was klingt wie eine kleine Formalie, kann große Auswirkungen haben. Denn auch wenn Eheschließungen international gültig sind, trifft das auf Eheverträge noch lange nicht zu. Internationale Paare, die einen Ehevertrag schließen wollen, sollten sich unbedingt im Vorfeld von einem Experten beraten lassen – andernfalls droht bei der Scheidung womöglich ein böses Erwachen. Ob der Ehevertrag in einem anderen Land gültig ist, hängt übrigens nicht davon ab, ob er notariell beglaubigt wurde.

Eine Rechtswahl zu treffen kann auch erbrechtlich relevant sein. Denn auch wenn die Regelungen zum Erbrecht innerhalb Europas teilweise angeglichen wurden, gibt es immer noch Unterschiede. Wer einen Partner aus einem anderen Land heiratet oder auswandert – egal ob allein oder mit der binationalen Familie – sollte sich rechtzeitig informieren und entsprechende Verfügungen treffen.

Namensrecht: Rechtswahl ebenfalls wichtig

Auch bei der Frage, welchen Nachnamen ein Kind tragen soll, ist es für binationale Familien wichtig, eine Rechtswahl zu treffen. Entscheiden sich binationale Familien zum Beispiel für das deutsche Namensrecht, dürfen die Kinder keine Doppelnamen tragen. Wurde keine Rechtswahl getroffen, gilt im Zweifel das inländische Recht des Landes, in dem das Kind geboren wurde.

Fazit: Binationale Paare beziehungsweise Familien müssen bei allen familienrechtlichen Fragestellungen zunächst klären, in welchem Land die Gerichte zuständig sind. In manchen Aspekten können die Familien auch eine Rechtswahl vornehmen. In jedem Fall ist es sinnvoll, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft