Bewerbung bei der Polizei: Wer darf Ordnungshüter werden?

Der Beruf Polizist bleibt in Deutschland weiterhin hochbe­gehrt. Dement­spre­chend hoch sind die Anfor­de­rungen, die Polizeibehörden an ihre Bewerber stellen. Manche Regelungen sind aller­dings gerichtlich anfechtbar, wie etliche Urteile zeigen.

Das Vertrauen in die Polizeibehörden in der deutschen Bevölkerung ist auch in politisch turbu­lenten Zeiten hoch. Als Arbeit­geber genießt die Polizei ebenfall ein unschlag­bares Ansehen: Einer aktuellen Studie unter deutschen Schülern mit über 20.000 Befragten zufolge möchte die junge Generation für niemanden lieber arbeiten, als für die Polizei. Sie ist der belieb­teste Wunsch-Arbeit­geber unter Schülern, noch vor inter­na­tional erfolg­reichen Großkonzernen wie adidas, BMW oder Audi.

Bewerbung bei der Polizei: Ein föderaler Dschungel von Bestimmungen

Bewusst­machen müssen sich Bewerber und Inter­es­senten vor allem eines: Polizei ist in Deutschland Ländersache. 16 Bundesländer bedeuten 16 verschiedene Polizeibehörden (plus Bundes­po­lizei) – jede davon hat ihr eigenes Regelwerk. Voraus­set­zungen, Ausschluss­kri­tierien und Verfahren können sich wesentlich vonein­ander unter­scheiden. Daher sollten Polizei­be­werber sich stets genau über die Anfor­de­rungen der Behörde infor­mieren, für die sie sich konkret bewerben.

Wesent­liche Gemein­sam­keiten, die für sämtliche Polizeibehörden gelten, lassen sich trotz aller Ausnahmen und Unter­schiede grob festhalten. Besonders Ausschluss­kri­terien gelten oft bundesweit, wie etwa der erste der folgenden Merkmale.

  • Keine bisherigen Straftaten
    Wer Polizist werden möchte, darf bisher nicht straffällig geworden sein. Außerdem müssen Bewerber angeben, ob es laufende oder fallen­ge­lassene Ermitt­lungs­ver­fahren gegen sie gibt.
  • Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
    Schon allein, weil Polizisten unbestechlich bleiben sollen, müssen sie in der Lage sein, vernünftig mit Geld umzugehen. Daher werden im Bewer­bungs­ver­fahren auf die persönlichen Finanzen von Bewerbern abgefragt. Wer stark verschuldet oder sogar insolvent ist, wird mit einer Bewerbung kaum erfolg­reich sein.
  • Gesundheitliche Eignung
    Wer für den Dienst bei der Polizei tauglich ist, ist einer­seits bundesweit in der „Polizei­dienst­ver­ordnung 300“ festge­halten. Anderer­seits haben natürlich auch hier die einzelnen Länder und Behörden unter­schied­liche Vorgaben. Geprüft werden in Unter­su­chungen gesund­heit­liche Merkmale wie Seh- und Hörvermögen, Body-Mass-Index oder das Herz-Kreislauf-System. Auch eine körperliche Mindestgröße wird von den Polizeibehörden meist verlangt.
  • Führerschein
    Um einen Führerschein der Klasse B kommen Bewerber nicht herum, er ist bei jeder Behörde Voraus­setzung für den Polizei­dienst.
  • Altersgrenzen
    Das Höchstalter für eine Bewerbung variiert, wie so oft, nach Behörde. Für den mittleren Dienst liegt es bei ca. 25 Jahren, für gehobene Dienstlaufbahnen um die 30 Jahre. Der Spielraum kann allerdings beträchtlich sein: Während Bewerber in Berlin zu Beginn der Ausbildung nicht älter als 29 Jahre sein dürfen, ist die Bewerbung in Nordrhein-Westfalen bis zum Alter von 37 Jahren zulässig. In einigen Bundesländern wurde das Höchstalter allerdings gestrichen. In Brandenburg zählt beispielsweise lediglich das Mindestalter, das besagt, dass Bewerber mindestens 16 Jahre alt sein müssen.
  • Körperschmuck
    Auch hier können Polizeibehörden unter­schiedlich strikt sein. Die Daumen­regel ist, dass Tätowie­rungen oder Piercings beim Tragen der Dienst­be­kleidung nicht sichtbar sein dürfen. Hier kann ebenfalls im Einzelfall entschieden werden. Wer aber sehr auffällige Tattoos oder Piercings, gerade im Kopfbe­reich hat, wird schlechte Chancen haben.
  • Staatsbürgerschaft
    In der Regel muss man für eine Bewerbung bei einer Polizeibehörde deutscher Staatsbürger sein. Aller­dings gibt es in etlichen Bundesländern mittler­weile Ausnah­me­re­ge­lungen, die auch EU-Bürgern oder Personen mit einem unbefris­teten Aufent­halts­titel eine Bewerbung grundsätzlich ermöglichen. Meistens werden dann zusätzliche Anfor­de­rungen, wie etwa ein Minde­st­auf­enthalt in der Bundes­re­publik, voraus­ge­setzt.

Polizeidienst: Auch Cannabis-Konsum kann ein Ausschlusskriterium sein

In Berlin gibt seit Juli 2018 eine weitere Einschränkung, die dazu führen kann, dass Bewerber nicht zum Polizei­dienst zugelassen werden: Konsum von Cannabis. Das Verwal­tungs­ge­richts (VG) Berlin entschied in einer Eilent­scheidung vom 04. Juli 2018: wer Cannabis konsu­miert, hat keinen Anspruch auf Einstellung in den mittleren Dienst der Vollzugs­po­lizei (Beschl. v. 4. Juli 2018, Az. VG 26 L 130.18).

Geklagt hatte ein 40jähriger Mann, der sich um eine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst beworben hatte. Im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung ergab sein Blutwert 300 ng/ml THC-Carbonsäure. Daraufhin wurde seine Bewerbung wegen Polizeidienstuntauglichkeit abgelehnt. Auch die Bewerbung im Folgejahr wurde ohne erneute Untersuchung mit derselben Begründung abgelehnt. Und das mit Recht – wie das VG Berlin jetzt bestätigte. Die Einstellung in den Vorbereitungsdienst setze „die umfassende Eignung eines Bewerbers voraus […] und Cannabiskonsum könne die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Zweifel ziehen.“

Inwiefern die Entscheidung des VG Berlin auch als Signal für die Einstellungsbereitschaft von (ehemaligen) Cannabis-Konsumenten bei anderen Landespolizeibehörden angesehen werden kann, ist bestenfalls abzuschätzen. Es liegt allerdings die Vermutung nahe, dass es Bewerber in Bayern oder Baden-Württemberg im Zweifelsfall eher auf weniger, als auf mehr Nachsicht stoßen werden.

Ausschluss vom Auswahlverfahren: Klagen können erfolgreich sein

Gerade wenn es um die Erfüllung der körperlichen Voraus­set­zungen geht, konnten abgelehnte Polizei­be­werber in den letzten Jahren immer wieder vor Gericht erfolg­reich gegen einzelne Regelungen protes­tieren. Vor allem die „Mindestgröße“ ist hier ein gerichtlich hart umkämpfter Posten: Im August 2017 verpflichtete das Verwal­tungs­ge­richt Düsseldorf das Land NRW dazu, drei Polizei­be­wer­be­rinnen zum weiteren Auswahl­ver­fahren zuzulassen – obwohl die jungen Frauen die für die Landes­po­lizei vorge­schriebene Mindestgröße von 1,63 Meter um wenige Zenti­meter verfehlten.

Ein ähnlicher Fall wurde im März 2016 auch vor dem Verwal­tungs­ge­richt Gelsen­kirchen verhandelt. Dort bekam ein Mann Recht, dem zwei Zenti­meter für das gefor­derte Mindestmaß von 1,68 Meter fehlten – er musste ebenfalls von der Landes­po­lizei NRW zum Einstel­lungstest zugelassen werden.

Nachbar­schaftss­treit wegen lautem Sex auf Balkon – Polizist wird von Ausbildung ausge­schlossen

Dass ein Ausschluss aus dem Dienst als Polizei­be­amter mitunter kuriose Gründe haben kann, musste ein junger Mann aus Bremen erfahren: Obwohl er bereits die Aufnahmeprüfung geschafft und seine Ausbildung im Polizei­dienst begonnen hatte, ist die Laufbahn als Polizist für ihn bereits wieder zu Ende. Der Grund: Zweifel an seiner „charak­ter­lichen Eignung“.

Was war passiert? Der Polizeianwärter hatte auf seinem Balkon einen Whirlpool aufgestellt. In diesem hatte er mehrfach lautstarken Sex, was die Ruhe der Nachbarn störte. Sie riefen mehrfach die Polizei und erstatteten schließlich Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Das löste einen heftigen Nachbarschaftsstreit aus, der mehrere Polizeieinsätze auslöste.  Unter anderem, als der Polizeianwärter mit einer Softair-Pistole herumballerte.  Auch als er von seinen Vorgesetzten gebeten wurde, sich zu mäßigen, besserte sich die Situation nicht. Schließlich bekam der Polizeianwärter die Kündigung – wegen „fehlender charakterlicher Eignung“.

Dagegen klagte der Mann, doch sein Antrag scheiterte vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen: Die Kündigung sei gerechtfertigt. Denn für Polizisten gelte eine „außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht“. Auf diese sei er hingewiesen worden, habe sich aber nicht gebessert (Az.: 2 B 174/18).

Polizei­dienst trotz Tattoo: Bewerber erstreitet sich Zugang zum Bewer­bungs­ver­fahren

Den linken Unterarm eines jungen Mannes, der sich für die Polizei­aus­bildung in Nordrhein-Westfalen bewarb, zierte das Tattoo eines großen Löwenkopfs. Der Bewerber wurde abgelehnt, das zuständige Landesamt störte sich nicht an dem Motiv, aber an der Größe des Tattoos. Größer als ein „durch­schnitt­licher Handteller“ dürfen diese nicht sein. Großflächige Tätowie­rungen im sicht­baren Bereich stellten laut den Richt­linien der Behörde einen „absoluten Eignungs­mangel“ dar.

Doch diese Begründung – und der Ausschluss des Mannes vom Bewer­bungs­ver­fahren – ist rechts­widrig. Das entschied das Verwal­tungs­ge­richt Düsseldorf in einem Eilver­fahren und verpflichtete das Land gleich­zeitig, den Bewerber zum weiteren Auswahl­ver­fahren für angehende Polizisten zuzulassen (AZ: 2 L 3279/17).

Im Hinblick auf die Akzeptanz von Tätowie­rungen ließe sich ein gesell­schaft­licher Wandel feststellen. Auf solche Trends müsse der Dienstherr bei der Einstellung von Bewerbern eingehen. Schließlich gebe es nach Ansicht der Richter eine „augenfällige Zunahme von Tätowie­rungen gerade an den Armen“.

Urteil: Silikon-Implantate schließen nicht vom Polizeidienst aus

Vor dem gleichen Gericht konnte sich im November 2016 auch eine Frau aus Dortmund ihren Zugang zum Auswahl­ver­fahren erstreiten. Vorher war sie aus medizi­ni­schen Gründen abgelehnt worden. Der Grund: ihre Brüste enthielten Silikon-Implantate. Ein Polizeiarzt hatte die Klägerin im Frühjahr 2014 wegen der Implantate als nicht tauglich für den Polizei­dienst einge­stuft. Laut der dortigen Dienst­vor­schrift gelten Frauen mit Brustim­plan­taten wegen erhöhter Verlet­zungs­gefahr als nicht geeignet für den Polizei­dienst. Doch verschiedene Gerichte hatten zuletzt immer wieder zugunsten von Frauen mit Implan­taten entschieden. Nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Bayern und Baden-Württemberg.

Wer gegen eine Ablehnung im Bewerbungsverfahren klagen möchte, sollte anwaltliche Beratung suchen, die mit den Voraussetzungen der jeweiligen Behörden vertraut ist. Gerade bei jüngeren Bewerbern kann der Anwalt/ die Anwältin außerdem klären, ob ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden kann. Eine in der Sache erfahrene Rechtsfachkraft kann außerdem genau prüfen, welche Argumentation und Vorgehensweise vor Gericht die meisten Erfolgsaussichten hat.

Eine Fachanwältin oder ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht ist für dieses Rechtsgebiet immer eine gute Adresse. Sie erfahren dabei auch, wie das Verfahren abläuft, welche Schritte Sie unter­nehmen müssen, und Sie erhalten bei Bedarf auch kompetente Vertretung vor Gericht.

Quelle: Deutsche Anwaltauskunft