Besondere Haustiere haben besondere Rechte
Kängurus haben nicht erst seit den Känguru-Chroniken, den berühmten Büchern von Marc-Uwe Kling, zahlreiche Fans. Manche hätte am liebsten ihr eigenes hüpfendes Exemplar zu hause. Das ist tatsächlich erlaubt – unter bestimmten Voraussetzungen. Wir erklären am Beispiel eines echten Falles, was man bei der Haltung ungewöhnlicher Haustiere beachten muss.
Ein Känguru braucht ausreichend Platz. Das Gehege muss den Bedürfnissen des Tieres entsprechend strukturiert sein. Zudem darf es nicht alleine gehalten werden: Für das Sozialverhalten ist es wichtig, dass es mindestens einen weiteren Artgenossen gibt. Das hat das Verwaltungsgericht Lüneburg in einer Entscheidung vom 24. Juli 2018 (AZ: 6 B 71/18, 6 B 85/18) festgestellt. Demnach kann der Kontakt zu Artgenossen nicht durch den Kontakt zu einer menschlichen Familie ersetzt werden.
Private Haltung eines Kängurus im Gehege erlaubt?
In dem von dem Gericht entschiedenen Fall arbeitete die Frau in einem Tierpark. Nachdem die Mutter eines Känguru-Babys starb, nahm die Frau es mit nach Hause und zog es mit der Flasche auf.
Das Veterinäramt überprüfte, ob das Tier in dem privaten Haushalt artgerecht untergebracht war – und war nicht überzeugt. Es forderte die Frau auf, dem Känguru ein Gehege mit einer Fläche von mindestens 200 Quadratmeter zur Verfügung zu stellen. Das Gehege sollte entsprechend strukturiert werden. Zudem sagte das Veterinäramt, dass das Känguru dauerhaft mit mindestens einem Artgenossen zusammenleben müsse.
In der Folgezeit gab es mehrere Gespräche zwischen den Beteiligten und weitere Kontrollen. Da die Frau den Aufforderungen nicht nachkam, nahm das Veterinäramt ihr das Känguru weg und brachte es auf ihre Kosten in einer auf Wildtiere spezialisierten Einrichtung unter. Außerdem wurde ihr das Eigentum an dem Känguru entzogen und auf eine Wildtier- und Artenschutzstation übertragen.
Känguru als Haustier: Hohe Auflagen an private Haltung von Wildtieren
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts waren diese Maßnahmen rechtmäßig. In dem Verfahren hatte eine Amtstierärztin festgestellt, dass das Känguru vernachlässigt worden war. Die Art, wie es gehalten worden war, tue dem Tier nicht gut. Sie berge die Gefahr, dass das Tier leide – vor allem wegen des zu kleinen und nicht bedürfnisgerecht strukturierten Geheges. Das Känguru hatte nicht die Möglichkeit, sein artgemäßes Bewegungs-, Komfort- und Ruheverhalten auszuüben, so die Tierärztin weiter. Zudem sei eine Gruppenhaltung aufgrund des Sicherheitsgefühls für das Einzeltier erforderlich. Die Zurückdrängung des Sozialbedürfnisses könne etwa in Angstsituationen zu Stress und Leiden führen.
Den Tierfreunden sagte die Amtstierärztin: Der menschliche Kontakt ersetzt keinesfalls den Kontakt zu Artgenossen!
Hintergrund: Welche Rechte haben Tiere?
Wir knuddeln sie, bürsten ihr Fell, gehen mit ihnen spazieren und lieben sie wie ein Familienmitglied – Tiere. In deutschen Haushalten leben rund 12 Millionen Katzen und über sieben Millionen Hunde. Kaum schätzen lässt sich die Zahl der vielen anderen Haustiere wie Fische, Kaninchen oder Meerschweinchen, die die Bundesbürger in ihren Wohnungen halten.
Die Tierliebe im Land ist groß und nahezu jeder empört sich über Tierquälerei, Tierversuche und die Massentierhaltung. Allerdings – diese Liebe ist begrenzt, zumindest widerspricht sie den Essgewohnheiten vieler Bundesbürger eklatant. Deren Fleischkonsum ist zwar gesunken und der Anteil der Vegetarier gestiegen, der aktuell bei zehn Prozent der Bevölkerung oder 7,8 Millionen Vegetariern liegt.
Dennoch essen 85 Prozent der Deutschen fast täglich Fleisch und bringen es so auf rund 60 Kilogramm pro Jahr. Besonders Männer sind diesem Nahrungsmittel zugetan, sie essen pro Woche im Durchschnitt über ein Kilo Fleisch.
Tiere: Welche rechtlichen Regeln gelten für sie?
Im Zivilrecht standen Tiere bis 1990 auf einer juristischen Stufe mit leblosen Dingen. Danach schrieb der Gesetzgeber im § 90 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aber ausdrücklich fest, Tiere seien Lebewesen, keine Dinge. Dies hat nicht nur eine moralische Implikation, sondern auch finanzielle Folgen: So kann ein Hundehalter, dessen Tier bei einem Unfall verletzt wurde, vom „Täter“ zum Beispiel nicht mehr nur den materiellen Wert des Tieres fordern, sondern auch die Behandlungskosten.
Im Jahr 2002 wurde der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert und dazu Artikel 20a erweitert. Den konkreten Schutz von Tieren definiert das Tierschutzgesetz. Dort heißt es: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
Tierquälerei: Welche Strafen drohen?
Um diesen Zweck umzusetzen, definiert das Tierschutzgesetz zum Beispiel verschiedene Straftatbestände, Tierquälerei etwa oder die willkürliche und grundlose Tötung eines Tieres. Dies kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen.
Darüber hinaus enthält das Tierschutzgesetz zahlreiche praktische Regeln. Die Paragraphen fünf und sechs etwa sehen vor, dass Veterinäre Tiere in bestimmten Fällen betäuben müssen oder sie nur nach medizinischer Indikation operieren dürfen. Auch regelt das Gesetz Erlaubnispflichten: Jeder, der gewerblich Tiere züchtet, mit ihnen handelt, sie ausbildet oder in einer Einrichtung wie einem Tierheim hält, braucht dazu eine Erlaubnis des Veterinäramtes.
Häufig wirkt das Tierschutzgesetz aber nur in Kombination mit Rechtsverordnungen, was besonders in der Hundehaltung deutlich wird. So regelt die Tierschutz-Hundeverordnung, wie Hundehalter oder Hundezüchter ihre Tiere halten müssen oder dass beispielsweise Hundewelpen nicht vor der achten Lebenswoche von ihrer Mutter getrennt und verkauft werden dürfen.
Unterscheidet das Tierschutzgesetz zwischen Haustieren und Nutztieren?
Das Tierschutzgesetz definiert verschiedene Kategorien von Tieren und stattet diese jeweils mit einem bestimmten rechtlichen Schutz aus. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen Haus- und Heimtieren, Nutztieren und Wildtieren. Zu den Nutztieren zählen alle in der Landwirtschaft genutzten Tierarten, für sie gilt die Tierschutz-Nutztierhalteverordnung.
Theoretisch könnte sich jeder Mensch ein Wildtier aneignen – es sei denn, das Wildtier unterliegt einem Fangverbot nach dem Tierschutzgesetz, dem Jagdrecht oder der Bundesartenschutzverordnung. Auch das Naturschutzgesetz und das Artenschutzrecht enthalten Vorgaben zum Schutz von Tieren.
Tierschutzgesetz: Regeln für die Massentierhaltung und Tierversuche
Tierversuche und Massentierhaltung sind rechtlich bis heute nicht verboten. Den Einsatz von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken und für Tierversuche regelt das Tierschutzgesetz beispielsweise in den §§ 7, 8 und 9.
Demnach dürfen Tiere nur zu Tierversuchen eingesetzt werden, wenn es aus bestimmten Gründen unerlässlich ist, also zum Beispiel zur Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung bestimmter Krankheiten oder Leiden. Bei der Frage, ob Tierversuche unerlässlich sind, muss man zwingend den aktuellen Stand der Wissenschaft im betreffenden medizinischen Segment berücksichtigen.
Standards für die Massentierhaltung definiert das Tierschutzgesetz in § 2. Danach muss etwa ein Bauer ein Tier in einem Agrarbetrieb „… seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen“, wie es im Gesetz heißt. Dass die Praxis der Massentierhaltung meist jedoch ganz anders aussieht, steht auf einem anderen Blatt.
Welche Rechte haben Tiere?
Das Tierschutzgesetz soll Tiere vor Misshandlung oder wenig artgerechter Haltung schützen und anerkennt damit, dass Tiere Interesse an einer guten Behandlung haben und dies beanspruchen dürfen.
Doch besondere Rechte verleiht das das Tierschutzgesetz den Tieren nicht. Daher fordern einige Tierschutzorganisationen, den Tieren sollten die im internationalen Tierschutz geltenden fünf Freiheiten gewährt werden: Die Freiheit von Hunger, Durst und Unterernährung; die Freiheit von Angst und Not sowie psychischem und thermischen Unbehagen, Schmerz, Verletzung oder Krankheit. Außerdem sollten Tiere die Freiheit bekommen, ein normales Verhalten zeigen zu dürfen.
Mit diesen Forderungen geben sich andere Tierfreunde und Tierschutzaktivisten aber nicht zufrieden. Sie wollen Tiere nicht nur schützen, sondern ihnen Bürgerrechte zuerkennen, ähnlich denen, die Menschen innehaben, Tiere sollen als Rechtssubjekte eingestuft werden.
Dieses Denken beflügelt hat etwa das sogenannte Great Ape Project, das mit seiner Forderung nach Bürgerrechten für Menschenaffen in der Vergangenheit erstaunlichen legislativen Einfluss hatte. So stellte Neuseeland 1999 per Gesetz die Großen Menschenaffen unter besonderen Rechtsschutz, in Spanien startete vor einigen Jahren eine parlamentarische Initiative, um national den besonderen Status von Menschenaffen anerkennen zu lassen. Die Initiative scheiterte jedoch nicht zuletzt am Widerstand der katholischen Kirche, die darin eine „antichristliche Verschwörung“ vermutete, ein gegen Vernunft und Natur gerichtetes Projekt.
Zu den Triebfedern der tierrechtlichen Diskurse gehören Tierrechtsaktivisten wie der hochumstrittene Australier Peter Singer. Außerdem publizieren Wissenschaftler immer neue Erkenntnisse über die Ähnlichkeit von Mensch und Tier, besonders Mensch und Menschenaffen.
Viele Menschen stellen sich deshalb die Frage: Muss man ein Mensch sein, um eine Person mit Gefühlen, Wünschen, einem Willen und Gedächtnis zu sein?
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft