Neuwagen mit Mangel: Welche Rechte Käufer haben
2014 war das Rückruf-Rekordjahr. Viele Autohersteller haben zigtausend Autos zurückgerufen, da Mängel festgestellt wurden. Doch was bedeutet das für die Käufer der Wagen? Wir klären die wichtigsten Fragen.
Wann ist ein Mangel ein Mangel?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten, doch kann nicht jeder Defekt als Mangel deklariert werden. Das betrifft vor allem Gebrauchtwagen, bei denen man nicht davon ausgehen kann, dass sie dauerhaft eiwandfrei funktionieren, wie es bei Neuwagen der Fall sein sollte.
Wann müssen Käufer Nachbesserungen dulden?
Neuwagen gekauft, viel Geld investiert und dann muss er zur Überholung in die Werkstatt, da Mängel festgestellt wurden – auf Geheiß des Herstellers. Zwar muss ein Käufer in aller Regel dem Bitten des Herstellers nicht nachkommen, doch ist das aus mehreren Gründen empfehlenswert. Zum einen garantieren solche Überholungen ein höheres Maß an Sicherheit für die Fahrer. Und zum anderen hat es auch finanzielle Auswirkungen, denn bei einem späteren Weiterverkauf müssen Autobesitzer darauf hinweisen, dass sie einer solchen Aufforderung des Herstellers nicht nachgekommen sind. Somit kann der Wert des Wagens sinken.
Müssen Hersteller einen Ersatzwagen während einer Reparatur stellen?
Zunächst bedarf es einer Unterscheidung: Vertragspartner sind meistens die Verkäufer eines Neuwagens im Autohaus. Lediglich, wenn man in Niederlassungen kauft, geht man direkt einen Vertrag mit dem Hersteller ein.
Für beide Fälle gilt aber: Ein Ersatzwagen muss in aller Regel nicht gestellt werden. Verkäufer können meist ein fehlendes Eigenverschulden beweisen und Hersteller sich darauf berufen, dass die Technik auch im Rahmen einer umfangreichen Testphase noch nicht komplett ausgereift ist. Nichtsdestotrotz sind Verkäufer und Hersteller häufig kulant, denn die Vertragspartner haben ein Interesse daran, dass die Kunden ihnen wohlgesonnen bleiben.
Wann dürfen Käufer Neuwagen von sich aus zurückgeben?
Wer Mängel von sich aus feststellt, kann zwei Jahre lang Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Das gewährleistet die sogenannte gesetzliche Sachmängelhaftung.
Muss der Käufer beweisen, dass Mängel schon beim Kauf des Fahrzeugs vorlagen?
Ja und nein. Damit die Sachmängelhaftung greift, muss der Mangel am Fahrzeug bereits bei der Übergabe angelegt gewesen sein. Doch hilft hier die gesetzliche Grundlage zum Kaufrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch: So es sich um ein Verbrauchsgüterkauf, also um ein Geschäft zwischen einem Unternehmer und einer Privatperson handelt, wird in den ersten sechs Monaten nach Kaufvertragsabschluss davon ausgegangen, dass der Mangel bereits mit dem Kauf vorlag.
Wenn diese Schwelle überschritten wird, sieht es jedoch anders aus. Dann muss der Käufer nachweisen, dass der Mangel von Anfang an vorhanden war. Diese Beweisführung ist mitunter kompliziert. Im Falle eines Motorschadens kann hier etwa ein Sachverständiger helfen.
Handelt es sich um „arglistig verschwiegene Mängel“, ist die Zeitspanne noch etwas größer: Sie verjähren in einem Jahr ab der Kenntnis des Mangels. Ein übliches Beispiel hierfür ist ein vom Verkäufer verschwiegener Unfall noch vor der damaligen Auslieferung an den Käufer.
Welchen Ersatzleistungen stehen Käufern zu?
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil das geltende Recht zusammengefasst: Sollte die Beseitigung eines „wahrnehmbaren“ Mangels nicht möglich oder zu teuer sein, kann der Käufer den Kaufpreis mindern oder aber die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs – der sogenannte Rücktritt, früher auch Wandlung genannt – verlangen (Urteil vom 6. Februar 2013; AZ: VIII ZR 374/11).
Welche Schritte unter welchen Voraussetzungen möglich sind – eine Übersicht:
Kostenlose Nacherfüllung
Das bedeutet, dass die Mängel beseitigt werden müssen – auf Kosten des Verkäufers. Dabei hat der Käufer Anspruch auf Originalersatzteile. Auch ein mangelfreies, neues Fahrzeug kann mitunter verlangt werden, der sogenannte Rücktritt (siehe unten). Diese Maßnahmen unterliegen allerdings dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Will heißen: Wenn die Kosten unverhältnismäßig sind, muss der Verkäufer darauf nicht eingehen. Das allerdings muss im Einzelfall entschieden werden. Auch weitere mögliche Kosten muss der Verkäufer übernehmen, etwa Abschleppgebühren.
Minderung des Kaufpreises
Gelingt die Mängelbeseitigung nicht, weigert sich der Verkäufer oder hält er nicht die vom Käufer gesetzte Frist (siehe unten) zur Nachbesserung ein, kann der Käufer den Kaufpreis verringern. Hierbei wird geschätzt und im Einzelfall entschieden, wie hoch der Minderbetrag ausfällt.
Auch kann er ganz vom Kaufvertrag zurücktreten bzw. diesen rückgängig machen. Allerdings erhält er dadurch nicht zwangsläufig den Originalkaufpreis zurück, denn im Normalfall wurde der Wagen ja bereits genutzt. In diesem Fall wird berechnet – und sei es durch ein Gericht -, wie hoch der Vorteil war, der nun ausgeglichen wird; aufgrund bereits gefahrener Kilometer etwa. So mindert sich der Kaufpreis bei Neuwagen um 0,67 Prozent pro gefahrene 1000 Kilometer.
Trifft den Verkäufer (zudem) ein Verschulden, macht er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.
Rücktritt
Ein neues Fahrzeug können Käufer dann verlangen, wenn die gesetzte Frist durch den Verkäufer zur Beseitigung des Mangels nicht eingehalten wurde. Zudem hat man in der Regel Anrecht auf einen neuen Wagen, wenn zwei Nachbesserungen in der Werkstatt nicht erfolgreich waren. Doch muss das nicht immer der Fall sein.
Hier gilt: Je gefährlicher und schwerwiegender ein Mangel, desto weniger Nachbesserungen sind nötig, ehe man einen Rücktrittsanspruch hat. In der Vergangenheit haben Gerichte sich mehrfach mit diesen Fragen beschäftigt. Das Landgericht Mannheim erkannte etwa undichte Stellen als einen erheblichen Mangel an (AZ.: 11 O 158/78); und das Oberlandesgericht Köln sprach dem klagenden Käufer ein Anrecht auf einen Rücktritt sogar zu, nachdem ein erster Abdichtungsversuch im Wert von 150 Euro nicht ausreichend half (AZ: 12 U 71/86).
Doch auch Verkäufer haben hier Rechte. Käufer müssen ihnen grundsätzlich die generelle Möglichkeit einräumen, Mängel zunächst zu beseitigen, ehe sie einen neuen Wagen stellen müssen.
Was gilt bei der Fristsetzung durch den Käufer?
Eine Frist muss angemessen sein. Je nach Mangel kann diese zwischen drei Tagen und mehreren Wochen betragen, etwa, wenn erst spezielle Ersatzteile bestellt werden müssen. In aller Regel aber sind zwei Wochen eine gute Orientierung.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft