Widerruf von Immobiliendarlehen: schnelles Handeln gefragt
Den Kaufpreis für ein Eigenheim kann kaum jemand von seinen Ersparnissen bezahlen. Viele Immobilienkäufer nehmen deshalb einen Kredit auf und binden sich damit für Jahre – zumindest in den meisten Fällen. Denn wer seit dem Jahr 2002 einen Immobilienkredit aufgenommen hat, kann ihn bei falscher Widerrufsbelehrung derzeit noch widerrufen. Das will die Bundesregierung jetzt ändern. Bei den Betroffenen ist also Schnelligkeit gefragt.
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei, weiß ein Sprichwort. Aktuell stimmt das nicht ganz – der Grund ist bei den Banken zu suchen. Diese haben Kunden, die 2002 oder später einen Immobilienkredit aufgenommen haben, vielfach falsch zu ihren Widerrufsbelehrungen beraten. Daher endet für diese Kunden das Widerrufsrecht ihres Immobilienkreditvertrags nicht wie gewöhnlich nach zwei Wochen, sondern läuft ewig. Die Bundesregierung will nun die Welt wieder zurechtrücken und die sogenannte Ewigkeitsklausel kippen. Wir erklären, was Kreditnehmer wissen müssen.
Konditionen für Immobilienkredit heute günstiger als vor zehn Jahren
Zunächst zu den Hintergründen: Die Zinsen für Bankkredite liegen derzeit auf einem historischen Tiefstand und damit viel niedriger als noch vor zehn Jahren. Wer heute einen Kredit aufnimmt, kommt also deutlich günstiger weg als damals. Einen alten Kreditvertrag zu kündigen und einen neuen abzuschließen ist normalerweise zwar ein teurer Spaß. Mit der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung versuchen die Banken, entstehende Kosten aufzufangen. Bei einem Widerruf entfällt diese Entschädigung jedoch. Wer seinen Immobilienkreditvertrag widerruft und ein neues Darlehen zu günstigeren Konditionen aufnimmt, spart also unter Umständen viel Geld.
Schritt 1 für Betroffene: Vertrag prüfen lassen
Bevor man als Kreditnehmer nun vorschnell zu Stift und Briefpapier greift, sollte man seinen Darlehensvertrag mit professioneller Hilfe prüfen lassen, da die Materie juristisch sehr komplex ist. Wer vermutet, betroffen zu sein, sollte sich also an einen Anwalt oder an die Verbraucherzentrale wenden.
Schritt 2 für Betroffene: Vertrag widerrufen lassen
Angenommen, die Widerrufsbelehrung meines Kreditvertrags ist falsch – wie geht es weiter? Betroffene sollten den Vertrag bei der Bank widerrufen. Dabei müssen bestimmte Formulierungen im Anschreiben enthalten sein. Verbraucher sind auf der sicheren Seite, wenn sie einem Anwalt eine Vollmacht erteilten und ihn mit dem Widerruf beauftragten.
Danach ist die Bank am Zug. Ob sie den Widerruf akzeptiert kommt unter anderem darauf an, in welchem Jahr der Vertrag geschlossen wurde und ob die Bank schon weiteren Widerrufen stattgeben musste. In manchen Fällen lassen die Banken es auf einen Prozess ankommen. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann sich glücklich schätzen: Sie übernimmt unter Umständen die Prozesskosten. Die Aufwendungen für die Prüfung und den Widerspruch deckt die Versicherung jedoch nicht ab.
Bundesregierung plant Gesetzesänderung
Die unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit will die Bundesregierung nun einschränken. Mit dem neuen Gesetz, das voraussichtlich ab März 2016 gelten wird, sollen Verbraucher auch bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung kein zeitlich unbefristetes Recht zum Widerruf mehr haben. Nach einem Jahr und zwei Wochen soll das Widerrufsrecht von Immobiliendarlehensverträgen auf jeden Fall erlöschen.
Dem Bundesrat geht das noch nicht weit genug. Er möchte die Widerrufsfrist auch rückwirkend einschränken – was bedeuten würde, dass viele Verbraucher ihren Vertrag nicht mehr widerrufen können, obwohl sie nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht informiert wurden.
Fazit: Wer 2002 oder später einen Kreditvertrag abgeschlossen hat und darüber nachdenkt, diesen zu widerrufen, sollte das schnellstmöglich tun. Wenn das Gesetzesvorhaben wie geplant umgesetzt wird, bleiben den Kreditnehmern dazu nur noch wenige Monate.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft