Autofahrt aus Gefälligkeit: Wer haftet bei Unfall?
Kurz ins Auto steigen um zum Fußballtraining zu kommen, die Tochter zum Handballtraining zu fahren oder den Sohn zur Orchesterprobe in den Nachbarort zu bringen – in der Freizeit sind viele von uns ständig mit dem Auto unterwegs. Da kann es passieren, dass es einmal kracht: Ein Autounfall bei einer Freizeitfahrt ist tragisch und wirft die Frage auf, ob der Sport- oder Musikverein, zu dem man unterwegs war, für den Schaden aufkommen muss. Viele gehen zumindest davon aus – schließlich war man ja für den Verein unterwegs, oder?
Wer für einen Unfall haftbar gemacht werden kann, hängt natürlich zunächst einmal von der konkreten Unfallsituation ab. Außerdem gilt: Der Fahrer haftet grundsätzlich, wenn sich die Insassen verletzen. Egal, wohin die Reise geht – wer mit dem Auto mitgenommen wird, ist immer von der Versicherung des Fahrers oder des Fahrzeughalters geschützt.
Fahrt zu Vereinstreffen ist Gefälligkeit
Kann nun der Fahrer Ansprüche gegenüber dem Verein geltend machen, wenn es auf dem Weg zum Fußballtraining oder Handballturnier zu einem Unfall kommt? In Regel nicht, denn wer zum Beispiel mit dem Auto Kinder, Enkelkinder und deren Freunde zu Freizeittreffen bringt, tut den Kindern einen Gefallen. Er hat bei einem Unfall keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verein.
BGH: Verein haftet nicht für Unfall auf dem Weg zum Treffen
So hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2015 entschieden (AZ: III ZR 346/14, Urteil vom 23. Juli 2015). Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau ihre Enkelin, die in einer Mädchen-Fußballmannschaft spielt, zu einem Turnier bringen wollen. Auf dem Weg dorthin war sie verunglückt und hatte sich verletzt. Daraufhin hatte sie den Sportverein auf Schadensersatz verklagt.
Der BGH entschied schließlich zugunsten des Sportvereins: Kinder oder Jugendliche mit dem Auto zu einer Vereinsveranstaltung zu fahren gilt als Gefälligkeitsverhältnis, das sich im außerrechtlichen Bereich abspielt. Das heißt: Bei keinem Beteiligten – also weder bei dem Verein, noch bei der Frau und ihrer Enkelin – spielten wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle. Zudem war die Großmutter nicht rechtlich verpflichtet, ihre Enkelin zu dem Turnier zu fahren.
Wirtschaftliche oder rechtliche Interessen: Haftung möglich
Andernfalls hätte es sich nicht um eine Gefälligkeit gehandelt sondern um ein sogenanntes Geschäft mit vertraglicher Bindung. Dann würde theoretisch auch der Verein beziehungsweise der Organisator des Treffens für Unfälle haften, also dann, wenn die Frau ihre Enkelin im Auftrag des Vereins gefahren hätte.
Angenommen, alle Kinder treffen sich vor einem Fußballturnier beim Vereinsheim, weil dort der Transport zum Turnier startet. Erklärt sich zum Beispiel der Vater eines der Kinder bereit, mehrere Kinder vom Sammelpunkt zum Turnier zu fahren, handelt er im Auftrag des Vereins. Käme es zu einem Unfall, könnte der Verein haftbar gemacht werden.
Ähnlich verhält es sich bei Fahrten im Auftrag der Schule – auch dann, wenn es um Klassenfahrten oder den Wandertag geht. Ein Beispiel: Am Wandertag macht eine Schulklasse einen Ausflug in den Kletterpark. Da einen Bus zu mieten zu teuer ist, sollen die Kinder sich an der Schule treffen und mit privaten Pkw zum Kletterpark gebracht werden. Das übernehmen zwei Mütter, der Vater und die Schwester je eines der Schulkinder. Sie fahren dann im Auftrag der Schule und sind über die Schule versichert.
Die Schule kann auch dann für einen Unfall haftbar gemacht werden, wenn einzelne Kinder zum Beispiel wegen Krankheit aus dem Schullandheim abgeholt werden müssen. Die Fahrt findet dann im Auftrag der Schule statt, die bei einem Unfall haftbar gemacht werden kann. Die Haftung der Schule bei Personenschäden könnte aber durch den Eintritt der gesetzlichen Unfallversicherung abgelöst werden.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft