Witwenrente – welche Regeln gelten?
Der Tod des Partners bringt neben dem emotionalen Verlust oft auch finanzielle Einbußen für den überlebenden Partner mit sich. Diese gleichen Hinterbliebenenrenten zumindest teilweise aus. Wir zeigen, welche Vorgaben bei der Witwenrente und der Witwerrente gelten.
Muss man verheiratet oder verpartnert sein, um eine Witwenrente zu erhalten?
Frauen und Männer, deren Partner verstorben ist, können in der Regel eine Hinterbliebenenrente erhalten, also eine Witwenrente oder eine Witwerrente. Aber die Deutsche Rentenversicherung zahlt diese Renten nur dann an Witwen oder Witwer aus, wenn das Paar verheiratet oder nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft verpartnert war. Wer mit seinem Partner in „wilder Ehe“ zusammenlebte, hat nach dessen Tod das finanzielle Nachsehen, denn sie oder er hat keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente.
Bei Trennung: Können auch getrennt Lebende eine Witwenrente bekommen?
Wenn der ehemalige Partner während des Scheidungsprozesses stirbt oder wer getrennt von seinem Partner lebte, kann nach dessen Tod eine Witwenrente beanspruchen. Für die Witwenrente oder die Witwerrente zählt nur, dass die Ehe zumindest noch auf dem Papier bestanden hat und noch nicht rechtskräftig geschieden war.
Witwenrente und Ehedauer: Wie lange muss man verheiratet gewesen sein, um eine Witwenrente zu bekommen?
Damit die Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente zahlt, muss die Ehe mindestens ein Jahr bestanden haben. Mit der Verknüpfung von Rentenanspruch und Ehedauer will der Gesetzgeber sogenannte Versorgungsehen verhindern, diese werden oft dann vermutet, wenn ein Paar kurz vor dem Tod des Partners heiratet. Aus juristischer Sicht liegt dann nahe, dass das Paar nur geheiratet hat, um dem überlebenden Partner eine Witwenrente zu sichern.
In einem aktuellen Fall wurde einer Frau allerdings eine Witwenrente zugesprochen, obwohl sie ihren Mann erst zwei Monate vor seinem Tod geheiratet hatte und er zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits schwer krank war.
Nachdem ihr Antrag auf Witwenrente aus diesen Gründen abgelehnt worden war, hatte die Frau vor dem Sozialgericht Berlin geklagt. Dieses gab ihr Recht (Urteil vom 11. September 2017, AZ: S 11 R 1839/16), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert. Das Gericht hatte herausgefunden, dass die Eheleute bereits einige Monate vor der Diagnose begonnen hatten, die für die Hochzeit erforderlichen Dokumente anzufordern. Dies war besonders schwierig, weil beide Partner zuvor schon einmal verheiratet gewesen waren. Auch musste die Frau mehrere Monate auf Unterlagen aus der Ukraine warten. Der Richter ging deshalb davon aus, dass das Paar schon damals geplant hatte, zu heiraten.
Lässt sich allerdings der Verdacht einer Versorgungsehe nicht ausräumen, kann der Anspruch auch unter bitteren Umständen verloren gehen. Das zeigt ein Urteil des Landessozialgerichts Hessen aus dem Januar 2018 (Az.: L 5 R 51/17). Im verhandelten Fall ging es um ein Paar aus dem hessischen Kassel, welches bereits von 1980 – 2000 verheiratet war, sich aber zunächst scheiden ließ. Einige Zeit später zog das Paar allerdings wieder zusammen. Zehn Tage, nachdem bei dem krebskranken Mann Metastasen in Leber und Lymphknoten festgestellt wurden, heirateten die Beiden dann im Krankenhaus ein zweites Mal.
Die Frau hatte argumentiert, zu diesem Zeitpunkt habe sie nicht gewusst, wie schlecht es um ihren Mann stehe. Auch sei schon bei der Verlobung im Oktober 2010 der 31. Oktober 2012 als Hochzeitstermin ausgemacht worden, es handele sich um den 33. Kennenlerntag des Paares. Die Rentenversicherung lehnte die von der Witwe beantragte Hinterbliebenenrente dennoch ab – zurecht, wie das Landessozialgericht urteilte. Zumindest der Ehemann habe von der Schwere seiner Erkrankung gewusst und auf eine erneute Eheschließung im Krankenhaus gedrängt. Dies spreche dafür, dass er vorrangig die Versorgung seiner pflegebedürftigen Frau angestrebt habe, so das Gericht.
Aus der zwanzigjährigen Ehe, die das Paar bereits geführt hatte, können nach der ersten Scheidung keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden.
Witwenrente: Wie viele Beitragsjahre muss der Partner in die Rentenkasse eingezahlt haben?
Ob die Rentenversicherung eine Rente an Witwen oder Witwer zahlt, hängt auch davon ab, wie lange der Gatte oder die Gattin Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hatte. Die Mindestanzahl liegt bei fünf Beitragsjahren. Als Beitragsjahre zählen aber nicht nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, sondern zum Beispiel auch Erziehungszeiten oder Wehrdienste sowie Zivildienste.
Wann erhält man die große oder die kleine Witwenrente?
Die Rentenversicherung zahlt nicht nur dann eine Witwenrente, wenn die Mindestanzahl an Beitragsjahren erreicht ist. Es muss noch mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:
Für die große Witwenrente muss man über 45 Jahre und fünf Monate alt sein. Die Altersgrenzen steigen bis 2029 auf 47 Jahre.
Außerdem erhält die große Witwenrente, wer erwerbsgemindert ist oder ein minderjähriges Kind betreut, sei es das eigene oder das des Partners. Aber auch wer Stief- und Pflegekinder, Enkel und Geschwister betreut, kann unter Umständen die große Witwenrente beanspruchen.
Das gilt auch dann, wenn man ein behindertes Kind pflegt und seinen Lebensunterhalt deshalb nicht selbst verdienen kann.
Wer keinen Anspruch auf die große Witwenrente hat, erhält unter Umständen die kleine Witwenrente.
Kleine Witwenrente und große Witwenrente: Wie hoch fällt die Rente aus?
Nach dem Tod des Partners erhält der Witwer oder die Witwe zunächst für drei Monate dessen volle Rente, also die Rente, die sie oder er erhalten hat oder wegen seiner Rentenansprüche erhalten hätte. Nach diesem Sterbevierteljahr haben Witwen oder Witwer Anspruch auf die große oder die kleine Witwenrente.
Die große Witwenrente beträgt bei Ehen, die vor 2002 geschlossen oder bei denen die Partner vor dem 2. Januar 1962 geboren wurden, 60 Prozent der ausgezahlten Rente des gestorbenen Partners oder seiner Rentenansprüche.
Bei Ehen, die nach dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, liegt die Witwenrente bei 55 Prozent der Rente des Verstorbenen.
Die große Witwenrente zahlt die Rentenversicherung unbegrenzt an Witwer oder Witwen.
Demgegenüber gilt: „Die kleine Witwenrente zahlt die Rentenversicherung zeitlich befristet, in der Regel nur zwei Jahre nach dem Tod des Partners“, sagt die Rechtsanwältin Anne Schröder von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Nur wer unter die Regeln des Hinterbliebenenrechts von vor 2002 fällt und vor 2002 geheiratet hat oder vor 1962 geboren wurde, erhält die kleine Witwenrente lebenslang.
Die kleine Witwenrente beträgt 25 Prozent der Rente des Verstorbenen oder seiner Rentenansprüche.
Gibt es Zuschläge auf die Witwenrente?
Witwen oder Witwer, die ein Kind erziehen, erhalten einen Kinderzuschlag zu ihrer Hinterbliebenenrente. Wie hoch dieser Zuschlag ausfällt, hängt davon ab, ob man in den alten oder den neuen Bundesländern wohnt und wie viele Kinder man betreut.
Die Beträge für Bezieher großer Witwenrenten in den alten Bundesländern liegen für das erste Kind bei 57,21 Euro, für jedes weitere 28,61 Euro. In den neuen Bundesländern liegen die Beträge bei 52,77 Euro und 26.39 Euro. Bei den kleinen Witwenrenten fallen die Beträge etwas niedriger aus.
Wird das Einkommen auf die Witwenrente angerechnet?
„Die Einkommen und die Arbeitsentgelte werden zu 40 Prozent auf Hinterbliebenenrenten angerechnet“, sagt Sozialrechtsexpertin Anne Schröder. „Allerdings gibt es Freibeträge, die die Rentenversicherung einbezieht und die sich erhöhen, wenn Kinder in der Familie leben.“
Westdeutsche erhalten höhere Freibeträge auf ihr Einkommen als Ostdeutsche, die konkreten Beträge ändern sich jährlich. Nicht auf die Rente angerechnet werden übrigens verschiedene staatliche Leistungen, darunter Arbeitslosengeld II oder Bafög.
Bis Juli 2017 liegen die Hinzuverdienstgrenzen für Einkommen bei 803,88 Euro in Westdeutschland und bei 756,62 Euro in Ostdeutschland. Die Freibeträge je Kind liegen bei 170,53 Euro (West) und 160,50 Euro (Ost).
Können auch Geschiedene eine Witwenrente bekommen?
Auch Geschiedene können eine Witwenrente erhalten. Allerdings ist dies nur unter besonderen Bedingungen möglich: Das Ende der Ehe muss lange zurückliegen, das Paar muss bereits vor dem 1. Juli 1977 geschieden worden sein. Auch muss der Ex-Partner mindestens im letzten Jahr vor seinem Tod Unterhalt an den geschiedenen Gatten gezahlt oder dieser zumindest einen bestimmten Unterhaltsanspruch gegen ihn gehabt haben.
Verliert man seine Witwenrente, wenn man erneut heiratet oder sich verpartnert?
Ja, nach aktueller Rechtslage verlieren diejenigen ihre Witwenrente, die erneut heiraten oder sich verpartnern. Das gilt auch für Geschiedene, die trotz Scheidung eine Rente erhalten (siehe oben). Allerdings: Um finanzielle Verluste abzumildern, können Witwen oder Witwer eine sogenannte Rentenabfindung beantragen. Die Abfindung beträgt zwei Jahresbeträge der Witwenrente, die man im vorangegangenen Jahr erhalten hat.
Tod durch Berufskrankheit oder Arbeitsunfall: Wird dem überlebenden Partner eine Witwenrente gezahlt?
Auch wenn der Gatte oder Lebenspartner durch eine Berufskrankheit oder bei einem Arbeitsunfall gestorben ist, zahlt die Rentenversicherung der Witwe oder dem Witwer eine Witwenrente. Meist entfällt bei Berufskrankheiten oder Arbeitsunfällen die Mindestanzahl von Beitragsjahren. Dennoch muss der Verstorbene etwa in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben.
Muss man die Witwenrente beantragen oder bekommt man sie „automatisch“?
Die Witwenrente bekommt man nicht automatisch, sei es die große oder die kleine Witwenrente. Witwen oder Witwer müssen die Rente bei der Rentenversicherung beantragen.
Fragen zum richtigen Ausfüllen des Antrags, zu Ansprüchen oder Hinzuverdienstgrenzen beantworten übrigens Fachanwälte für Sozialrecht.
Quelle: Deutsche Anwaltauskunft